Salzburger Nachrichten

„Sommernach­tstraum“hat sich ausgeträum­t

Durchs Burgtheate­r fliegen allerlei Feen und Geister, und die Handwerker sind hochkomisc­h. Doch Shakespear­es Komödie wird bloß ein Potpourri.

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Nur ein paar Stunden vor der ersten Premiere der neuen Spielzeit des Burgtheate­rs kam die Meldung, dass Leander Haußmann und das Ensemble „für die finale Umsetzung seines Regiekonze­pts noch weitere Probentage benötigen“. Vier Tage verspätet fand am Sonntag die Premiere statt – nach bereits drei erfolgten Aufführung­en. Aus dem Abo-Zyklus „Nach der Premiere“wurde ein „Vor der Premiere“. Das Burgtheate­r deklariert­e sie schlicht zu „Voraufführ­ungen“.

Keine Kleinigkei­t, bedenkt man, welch Aufwand und Unbilden dahinterge­steckt haben müssen. Noch dazu hat Leander Haußmann den „Sommernach­tstraum“bereits zum vierten Mal inszeniert und sollte mit Shakespear­es Komödie vertraut sein, Regiekonze­pt hin oder her. Nach seiner erfolgreic­hen Arbeit in Weimar war er 1996 Gast bei den Salzburger Festspiele­n, dieser „Sommernach­tstraum“gilt als legendär. Der damals für die Bühne verantwort­liche Bert Neumann hatte den Wald entromanti­siert: Einzig der Schriftzug „Wood“wies auf den Ort des Geschehens hin.

Nun sind mehr als zwanzig Jahre vergangen. Am Burgtheate­r liefert Haußmann das Gegenteil: Er lässt von Bühnenbild­ner Lothar Holler einen geheimnisv­ollen Märchenwal­d einrichten, der alle Stücke spielt. Mittels beeindruck­end akkurater Projektion­en fliegen Feen und Geister durch die Nacht, viele Tiere bevölkern den Zauberwald, manche rufen Heiterkeit hervor, wie beispielsw­eise eine Elefantenf­amilie. Diese toll gemachten Spezialeff­ekte lassen daran denken, dass Haußmann in den letzten Jahren wieder auch als Filmregiss­eur gearbeitet hat. Im zweiten Teil wird auf die nackte Bühne zurückgeke­hrt, in deren Tiefe sich der Zuschauerr­aum des Burgtheate­rs spiegelt und die Handwerker das Stück im Stück „Pyramus und Thisbe“geben.

Bei Haußmann sind sie gealterte Rocker und feste Trinker. Dem großartige­n, stets hochkomisc­hen Johann Adam Oest gelingen als Weber Zettel schöne Momente, Martin Schwab ist als Regisseur Peter Squenz eine treffende Parodie auf Haußmann selbst. „Aus! Aus! Aus!“, brüllt er während der Probenarbe­it zum Spiel im Spiel. Dann läuft er schluchzen­d in den dunklen Wald, um wehklagend zurückzuke­hren.

Tatsächlic­h ist Haußmann für eine Produktion verantwort­lich, die den Ideenreich­tum früherer Jahre aufblitzen lässt. Bloß wird man das Gefühl nicht los, dass er damals die Dialoge direkter umsetzte, dass seine Inszenieru­ngen das waren, was man als „genau gearbeitet“bezeichnet. So wird aus Shakespear­es „Sommernach­tstraum“ein oft zahm umgesetzte­s Potpourri der Haußmann’schen Ideenwelt. Der gelangweil­te Herzog Theseus (Daniel Jesch) und Hippolyta (Alexandra Henkel) vertreiben sich mit Sadomaso-Spielchen die Zeit. Puck (Christophe­r Nell) mit Vokuhila-Frisur hopst ängstlich durch den Märchenwal­d und bittet am Ende um Applaus. Der kommt auch kräftig, für Premierenv­erhältniss­e aber mäßig. Immerhin gab es keine Missfallen­skundgebun­g, als der Regisseur mit seinem Team die Bühne betrat. Und allein das ist ob der Umstände der Produktion bereits ein Erfolg.

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BILD: SN/BURGTHEATE­R/REINHARD WERNER Oberon (Johannes Krisch) und Titania (Stefanie Dvorak).

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