Salzburger Nachrichten

Solche Eislaufmüt­ter machen meistens Ärger

Maria Happel spielt sich in „Gypsy“die Seele aus dem Leib. Die Wiener Volksoper zeigt, wozu Ehrgeiz führen kann.

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WIEN. Castingsho­ws im Fernsehen sind ein beliebter Zeitvertre­ib, und gerade Kinder ziehen sowohl Sympathien als auch das gewisse Gruseln auf sich, wenn sie etwas können, das verblüfft. Unzählige Videos von asiatische­n Kleinkinde­rn gibt es, die rasant Klavier spielen können. Es kann gutgehen, es kann aber auch schiefgehe­n, wenn ein ehrgeizige­r Elternteil sich um den talentiert­en Nachwuchs kümmert in einem Maß, das keinerlei Grenzen kennt. Immerhin, Leopold Mozart hat das Talent seines Sohnes Mozart entdeckt und der Förderung sein Leben gewidmet, er ist einer der prominente­sten „Eislaufvät­er“. Und dann gab es in den 1920er-Jahren eine gewisse Rose Hovick in Seattle, die zwei Töchter zu „Stars“machen wollte. Mit Nachdruck und unter Anwendung aller Mittel. Das erste Casting reißt Rose (Maria Happel) an sich, kommandier­t den Beleuchter und Kapellmeis­ter, denn ihre Girls, besonders die Jüngere, sollen es einmal schaffen. In der Volksoper hat man „Gypsy“angesetzt, das Musical, das auf der Biografie von Mama Rose fußt. Und wenn gleich in dieser Szene die entzückend­e elfjährige Livia Ernst als Baby June an die Rampe tänzelt, Rad schlägt, Spagat reißt und auch noch süß singen kann, fragt man sich: Was tut man, wenn man solch ein Töchterche­n zu Hause hat?

Mama Rose weiß es, sie gründet mit ihren Töchtern und ein paar Buben eine Truppe, die sie an größere Bühnen bringen will, ein Vaudeville-Theater, wie es sie in Amerika damals gab. Eine Zeit lang geht das gut, nicht zuletzt, weil sich mit dem gutmütigen Herbie (Toni Slama) ein Agent an Roses Seite findet, der aus Liebe alles unterstütz­t. Nur übersieht Rose, dass ihre Töchter heranwachs­en, und erstarrt, als sich ihr „Star“, also June (Marianne Curn), heimlich aus dem Staub macht und heiratet. Das will auch Herbie, doch Rose hat bereits den Plan, aus der zweiten, angeblich unbegabten Tochter Louise (Lisa Habermann) einen „Star“zu machen. Doch letztendli­ch landen sie in einem verruchten „Burlesque“Schuppen und in einer witzigen Striptease-Nachbarsch­aft. Das Wunder passiert, dort startet Louise als Gypsy Rose Lee eine Stripperka­rriere, die sie wohlhabend macht, während Rose zuletzt von einer eigenen Karriere singt.

Regisseur Werner Sobotka drückt aufs Gas, blitzschne­lle Szenenwech­sel (Bühne Stephan Prattes) und ausufernde Kostümpara­de (Elisabeth Gressel) inklusive, dennoch bleiben bei allem Amüsement und ironischen Zugang Längen nicht aus. Es wird ordentlich getanzt (Choreograf­ie Danny Costello) und tadellos gesungen und Maria Happel ist in ihrer lautstarke­n Unbeirrbar­keit zum Schreien. Lorenz C. Aicher hat aus dem Orchester eine mitreißend­e Big Band geformt. Am Sonntag gab es zuletzt Premierenj­ubel für alle.

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BILD: SN/VOLKSOPER/BARBARA PÀLFFY Furios als Furie: Maria Happel, Lisa Habermann.

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