Salzburger Nachrichten

Silicon Valley lehrt, groß zu denken

Mehr österreich­ische Unternehme­n sollen von US-Innovation­sschmieden profitiere­n.

- KARIN ZAUNER

SAN FRANCISCO. Thomas Krieberneg­g ist seit zwei Monaten im Silicon Valley. „Nach den ersten zwei Wochen war mir klar, dass meine Idee, unser kleines Unternehme­n langsam wachsen zu lassen, falsch ist. Ich habe angefangen, groß zu denken, und weiß nun, dass unser Markt rund eine Milliarde Euro groß ist. In Europa sind wir bereits die Nummer zwei, das Ziel lautet, die Nummer 1 weltweit zu werden.“Der Grazer Krieberneg­g ist Chef und Mitgründer von AppRadar. Damit sorgt er dafür, dass im weltweiten Dschungel von rund fünf Millionen Apps jene seiner Kunden gefunden und gut sichtbar werden; für 60 Euro im Monat. Was der junge Unternehme­r in einem fürs Silicon Valley typisch schnellen Sprechtemp­o beschreibt, ist die Transforma­tion vieler Studenten und Unternehme­r, wenn sie in die Innovation­smaschine Silicon Valley oder in eine der Elite-Universitä­ten in der Gegend, allen voran Stanford, geraten: Es verändert ihr Denken.

Gründer und Vorstandsc­hef Saeed Amidi von Plug and Play, dem größten Business-Accelerato­r im Silicon Valley, der Unternehme­n dabei unterstütz­t, ihren Entwicklun­gsprozess zu beschleuni­gen, bringt es auf einen Punkt, wenn er darüber spricht, was den Europäern fehlt. „Ihr habt großartige Techniker, wir hier müssen nur das Business dazugeben.“Ähnliches hört man vielerorts in den Technologi­eSchmieden der USA, sei es an der Ostküste in Boston im Umfeld des Massachuse­tts Institute of Technology und der Harvard-Universitä­t oder im Westen im Silicon Valley. Man lobt die Ideen, die Ausbildung, das Technologi­e-Know-how der Europäer und weist im zweiten Schritt darauf hin, dass sie sich aber nicht gut genug vermarkten könnten.

An diesem Punkt setzt die österreich­ische Wirtschaft­skammer (WKO) an. Sie will durch Kooperatio­nen mit den US-Elite-Universitä­ten, aber auch mit BusinessBe­schleunige­rn und Unternehme­nsberatern wie Strategic Business Insights österreich­ischen Unternehme­n den Zugang zu Know-how, Kapital und dem Markt in den USA ermögliche­n. Der Grazer Krieberneg­g etwa ist derzeit im Rahmen der Technologi­eoffensive „Go Silicon Valley “der WKO in den USA bei Plug and Play, das allein im Vorjahr 160 Millionen Euro selbst in Start-ups investiert hat. Diese werden hier mit Investoren und den großen Firmen wie Sony oder Google zusammenge­bracht.

Vor einem Jahr wurde in San Francisco Open Austria gemeinsam von Wirtschaft­skammer und Außenminis­terium ins Leben gerufen. Seither wurden 200 österreich­ische Firmen hier betreut. Mit Hilfe von soeben abgeschlos­senen Kooperatio­nsvereinba­rungen mit der Eliteuni Stanford sowie Strategic Business Insights sollen künftig noch mehr österreich­ische Unternehme­n in das Innovation­s-Biotop eintauchen können. Die Programme reichen von Workshops über Wissenstra­nsfer bis zu mehrmonati­gen Forschungs­aufenthalt­en für Unternehme­n. Wirtschaft­skammer-Präsident Christoph Leitl, der die Kooperatio­nsverträge vor einigen Tagen vor Ort selbst unterzeich­nete, meinte: „Wir sind ein kleines Land, das seine Kräfte bündeln muss.“Warum Leitl so sehr an Innovation und Qualifikat­ion („IQ“) glaubt, untermauer­t er mit einer Zahl aus den USA. Dort werden im Jahr drei Millionen neue Jobs durch Firmen, die jünger als fünf Jahre sind, geschaffen. Im gleichen Zeitraum gehen bei jenen, die älter als fünf Jahre sind, eine Million Arbeitsplä­tze verloren. „Wir müssen uns auf den Erfolg der Zukunft vorbereite­n und dürfen uns nicht auf den Erfolg der Vergangenh­eit verlassen“, so Leitl.

An der Zukunft, besser daran, wie sie aussehen könnte, arbeiten an der Stanford-Universitä­t nur die klügsten Köpfe aus der ganzen Welt. Wie der österreich­ische Physiker Friedrich Prinz, Professor an der School of Engineerin­g in Stanford. Beim Gespräch anlässlich der Unterzeich­nung der Vereinbaru­ng mit der WKO verwies er darauf, dass Stanford ohne Chinesen und Inder die Elite-Uni einpacken könnte. Gleichzeit­ig merkte er an, dass auch die europäisch­en Universitä­ten unheimlich stark von den geistigen Eliten aus Osteuropa profitiere­n würden.

Auf die Zukunft angesproch­en, die auch die Smartesten in Stanford und im Silicon Valley nicht voraussage­n können, sind Wissenscha­fter und Start-up-Brüter dennoch einig. Sie sind sicher, dass Umwelt, Elektroaut­os oder Wasserstof­fautos die großen Themen der Zukunft sein werden. Stanford-Professor Prinz sagt: „Das Null-Emission-Vehikel kommt, die nächste Generation der Feststoffb­atterien bietet viele Möglichkei­ten. Zudem wird eine neue Industrie des Recyclings für Batterien, aber auch Solarzelle­n entstehen.“Einen Umbruch und Boom in der Versicheru­ngsbranche erwarten die Macher von Plug an Play. Johannes Rott, Österreich­er und Partner Manager im Business-Accelerato­r, wagt eine Prognose: Künftig werde die Strecke, die man mit dem Auto von A nach B fahre, versichert. Je sicherer das Auto sei, desto günstiger werde die Prämie.

Also alles Sonnensche­in im sonnigen Kalifornie­n? Martin Schwirn, Vize-Präsident von Strategic Business Insights im Valley, warnt: „Die Möglichkei­ten sind großartig, aber den Beteiligun­gs-Kapitalgeb­ern ist egal, was mit 95 Prozent ihres Geldes passiert. Also Vorsicht!“Soll heißen, jene fünf Prozent, die Investoren in die künftigen Googles und Amazons der Welt investiert haben, genügen ihnen, um reich zu werden. Da spielen die restlichen 95 Prozent keine Rolle.

 ?? BILD: SN/ZAK ?? Thomas Krieberneg­g im Silicon Valley mit rot-weiß-roter Fahne.
BILD: SN/ZAK Thomas Krieberneg­g im Silicon Valley mit rot-weiß-roter Fahne.

Newspapers in German

Newspapers from Austria