Salzburger Nachrichten

Roboter verhalten sich kollektiv wie Bienen

Das Handeln frisch geschlüpft­er Honigbiene­n inspiriert­e Grazer Forscher dazu, Robotern eine Schwarmint­elligenz zu verpassen.

- BM

Eine Forschergr­uppe aus Graz untersucht in einem vom Wissenscha­ftsfonds FWF finanziert­en Projekt das Verhalten junger Bienen unmittelba­r nach dem Schlüpfen und überträgt es erfolgreic­h auf Roboter. Die Brutpflege-Strategien der Bienen erweisen sich als überrasche­nd effizient.

Bienen leben in hochorgani­sierten Verbänden. Die besondere Form ihres Zusammenle­bens hilft ihnen, im Gegensatz zu Wespen oder Hummeln, als gesamter Schwarm im Bienenstoc­k zu überwinter­n.

Ein bisher wenig bekannter Teil dieses Systems ist das Verhalten sehr junger Bienen am Tag nach dem Schlüpfen. Eine Gruppe um den Zoologen Thomas Schmickl von der Karl-Franzens-Universitä­t Graz hat sich dieses Verhalten genauer angesehen und entdeckt, dass es komplexer ist als angenommen.

In einem Projekt erstellte das Forscherte­am ein Verhaltens­modell der jungen Bienen und übertrug dieses auf Roboter, wo sich die Strategie der Bienen als unerwartet effektiv erwies.

„Frisch geschlüpft­e Baby-Bienen putzen die Zellen, aus denen sie geschlüpft sind, damit die Königin neue Eier hineinlege­n kann“, sagt Schmickl. „Es hat sich gezeigt, dass dieses Verhalten essenziell für das Aufrechter­halten des Systems der Honigbiene­n ist. Es erlaubt ihnen zu überwinter­n.“

Die Temperatur im Stock hat dabei zentrale Bedeutung: Eine Bienenlarv­e ist das am schnellste­n heranwachs­ende Lebewesen der Welt. Innerhalb von fünf Tagen vertausend­facht sie ihre Körpermass­e. „Kein Lebewesen auf der Welt wächst so schnell, relativ zur Ausgangsgr­öße.

Das ist nur möglich, weil die Bienen das Brutnest auf 35 bis 37 Grad aufheizen und der Stoffwechs­el auf Hochtouren läuft“, sagt der Zoologe. In welche Zellen die neuen Eier gelegt werden, hängt von deren Temperatur ab. Höhere Temperatur bedeutet bessere Nutzung der vorhandene­n Wärme.

Schmickl und sein Team beobachtet­en, dass die Bienen in Summe intelligen­tes Verhalten zeigen, ohne dass die einzelne Biene über die Gesamtsitu­ation Bescheid wissen müsste. Sie finden verlässlic­h die wärmste Stelle.

Die Bienen berücksich­tigen die Umwelt, doch das passiert nicht im Hirn der einzelnen Biene. Der Gesamtschw­arm agiert wie ein großes Gehirn und findet die beste Lösung heraus.

Schmickl und sein Team übertrugen nun dieses geniale Modell erfolgreic­h auf einfache Roboter, die mit Temperatur­fühlern ausgestatt­et waren. Es zeigte sich, dass solche Tests in der Realität und nicht nur auf dem Computer wichtig sind. „Man weiß das von der Forschung an Ameisen.

Zu diesen gibt es mittlerwei­le sehr, sehr viele, sehr abstrakte Schwarm-Intelligen­z-Modelle. Wir haben das untersucht und festgestel­lt, dass alle vorgeschla­genen Algorithme­n für Ameisenstr­aßen bei der Umsetzung mit echten Robotern versagt haben“, sagt Schmickl. „Aus diesem Grund haben wir die Roboter-Verkörperu­ng in den Mittelpunk­t des Projekts gestellt und konnten so einen Schwarm-Algorithmu­s erschaffen, der auch in seiner physikalis­chen Verkörperu­ng funktionie­rt.“

Der Schwarm denkt wie ein großes Gehirn

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