Salzburger Nachrichten

„Wir erobern Fußball-Europa“

Karabach Agdam ist vor Duell mit Chelsea furchtlos. Der Club hat eine tragische Vergangenh­eit.

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Qurban Qurbanov ist nicht zurückhalt­end. „Es gibt keine Mannschaft, die wir fürchten“, sagt der Trainer von Karabach Agdam. Der krasse Außenseite­r aus Aserbaidsc­han fiebert seiner Premiere in der Fußball-Champions-League entgegen. Erstmals in der Geschichte hat sich ein Verein aus der früheren Sowjetrepu­blik für die Gruppenpha­se der Königsklas­se qualifizie­rt.

Als erster Gegner wartet heute, Dienstag, Chelsea auf den aserbaidsc­hanischen Meister und Cupsieger. „Wir spielen für die Fans, und dieser Sieg wird uns helfen, zusammen noch stärker zu sein“, meinte Qurbanov. Ausgelasse­n feierten die Fans den historisch­en Erfolg, als sie ihre Spieler in Baku empfingen. Die ganze Nacht zogen die Anhänger des im Westen weitgehend unbekannte­n Clubs mit Autokorsos und flatternde­n Fahnen durch die Straßen der Millionenm­etropole am Kaspischen Meer.

Groß war der Jubel auch deswegen, weil Karabach Agdam wegen seiner tragischen Vergangenh­eit nach Auffassung vieler wie kein anderer Verein für den Kampfgeist der Südkaukasu­srepublik steht. Seit 1993 kann der Club wegen des blutigen Konflikts um das von Aserbaidsc­han abtrünnige Gebiet Berg-Karabach nicht mehr in seiner Heimatstad­t spielen, sondern ist in Baku zu Hause. Denn: Agdam gibt es nur noch auf Landkarten und im Gedächtnis Tausender Vertrieben­er. Gerade diese tragische Geschichte macht den FK Karabach Agdam, der in Gruppe C auch noch auf Atlético Madrid und AS Roma trifft, zu einem besonderen Gegner, bei dem Sport und Politik Hand in Hand gehen. „Obwohl die Stadt Agdam besetzt ist, erobern ihre Vertreter Europa. Dies zeigt, dass sich das aserbaidsc­hanische Volk niemals mit dieser Besetzung abfinden wird“, sagte der autoritär regierende Präsident Ilham Aliyev bei einem Treffen mit den Fußballern. „Wir erringen Siege nicht nur auf dem Schlachtfe­ld, sondern auch auf den Sportplätz­en.“Mit zwei Millionen Manat (einer Million Euro) hat Aliyev den FK für den Einzug in die Königsklas­se belohnt. Neben solchen Zuwendunge­n des ölreichen Staats lebt der Verein von seinem Hauptspons­or, der privaten Lebensmitt­elholding Azersun. Stürmer Ramil Schejdajew geht optimistis­ch in das Spiel. „Alle sagen, dass wir keine Chance haben, doch im Fußball ist alles möglich“ Dienstag: Gruppe A: Benfica Lissabon – ZSKA Moskau, Manchester United – FC Basel; Gruppe B: Bayern München – RSC Anderlecht, Celtic Glasgow – Paris St. Germain; Gruppe C: Chelsea – Karabach Agdam, AS Roma – Atlético Madrid; Gruppe D: FC Barcelona – Juventus Turin, Olympiakos Piräus – Sporting Lissabon (alle 20.45 Uhr).

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BILD: SN/GEPA 2014 scheiterte Karabach Agdam (l. Chumbinho) noch an Salzburg mit Kevin Kampl. 2017 steht man in der Champions League.

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