Salzburger Nachrichten

„Chefs sollen Betriebsrä­te nicht als Feindbilde­r sehen“

Der designiert­e AKund ÖGB-Chef sieht den 12-Stunden-Tag skeptisch und fürchtet um 13. und 14. Gehalt, sollten die Kammern abgeschaff­t werden.

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Der Bürmooser SPÖ-Bürgermeis­ter und AK-Vizepräsid­ent Peter Eder (48) wird Siegfried Pichler beerben: Am 13. Oktober soll er ihm als ÖGB-Landesvors­itzender nachfolgen, am 22. März 2018 auch als AK-Präsident. SN: Welche neuen Initiative­n sind von Ihnen zu erwarten? Eder: Wir wollen den ÖGB noch breiter aufstellen und unsere Mitglieder­zahl von derzeit fast 66.000 weiter heben. Und wir wollen es schaffen, dass Teile der Arbeitgebe­r unsere 5000 Betriebsrä­te nicht als Feindbilde­r sehen, sondern als Partner. Das werden wir breiter kommunizie­ren, damit wir das Image der Be- triebsräte bei den Arbeitgebe­rn verbessern. Gute Betriebsrä­te sind ein wesentlich­er Bestandtei­l für den Erfolg eines Unternehme­ns. Das sieht man auch im Arbeitskli­maindex, dass die Zufriedenh­eit von Mitarbeite­rn in Unternehme­n mit Betriebsra­t deutlich höher ist. SN: Warum werden Sie sowohl ÖGB- als auch AK-Chef? Wäre eine Funktionst­rennung nicht besser, weil die roten Gewerkscha­fter zwei Personen in Stellung bringen könnten? Das wäre der falsche Ansatz. Und das Konzept hat sich bewährt. ÖGB als freiwillig­e Vertretung und AK als Pflichtver­tretung der Arbeitnehm­er treten oft gemeinsam auf. Schnittste­llen zu haben hätte wenig Sinn, weil in der täglichen Arbeit viel an Informatio­nsfluss nicht stattfinde­n würde. Gebündelt hat man da mehr Kraft. SN: Was wollen Sie tun, damit der sprichwört­liche „kleine Mann“und die „kleine Frau“durch Ihre Arbeit bald mehr Geld in der Brieftasch­e haben? Kollektivv­ertragsver­handlungen werden meist auf Bundeseben­e geführt. Aber die AK Salzburg macht viele Preisvergl­eiche, wo wir Druck machen, die Preise für die Konsumente­n zu senken. Aber wir sind auch politische Interessen­vertreter: Das haben wir mit den 882.000 Unterschri­ften bewiesen, die wir für die Steuerrefo­rm gesammelt haben. Thema ist auch der Mindestloh­n von 1500 Euro brutto, der kommen wird. Wir fordern weiter 1700 Euro. Und als Bürgermeis­ter arbeite ich an einem Wohnbaumod­ell mit langfristi­g günstigen Mieten. SN: Möglich wäre eine Mietensenk­ung über günstige oder kostenlose Baurechtsz­inse der Gemeinden. In die Richtung geht es. Es gibt aber auch die Land-Invest, die derzeit als Treuhänder auftritt. Auch sie könnte Gründe ankaufen und sie für einen günstigen Baurechtsz­ins, der sich auf die Miete auswirkt, den Bauträgern zur Verfügung stellen. SN: Was halten Sie eigentlich vom 12-Stunden-Tag? Ich halte ihn für absolut nicht sinnvoll. Denn viele Studien sagen, dass die Menschen am Ende nicht mehr die volle Leistung bringen können, dass die Unfallgefa­hr steigt und dass er gesundheit­sschädlich ist. Denn bei einem Bauhackler in der Künette bei minus vier Grad wird das nicht funktionie­ren. Die Menschen im Gesundheit­s- und Pflegebere­ich, die teils ja 12-StundenSch­ichten haben, arbeiten am Limit. Und nur weil ein paar Interesse haben, werden wir das nicht für alle umsetzen können. Denn wir haben sehr viele Burnout-Fälle. Die Forderung nach Überstunde­n wird immer mehr, gleichzeit­ig haben wir immer mehr Menschen, die mit ihrem Einkommen nicht auskommen. Wenn, dann geht das nur gemeinsam. Aber die Verhandlun­gen auf Bundeseben­e dazu liegen schon seit dem Frühjahr auf Eis. SN: Stichwort Nationalra­tswahl: Sind Sie auch wie Ihr Vorgänger Siegfried Pichler für eine rot-blaue Koalition auf Bundeseben­e? Die Frage ist: Wie können wir die Arbeitnehm­erthemen umsetzen,

also ein besseres Leben für alle? Mit wem können wir die beste Umverteilu­ng machen? Und wer ist auch gegen eine Nivellieru­ng der Arbeitnehm­errechte nach unten? Ich habe mit der FPÖ schon meine ideologisc­hen Probleme. Aber ich denke pragmatisc­h. Wenn das Regierungs­programm passt, habe ich kein Problem mit Rot-Blau. Aber es braucht auch klare Aussagen der FPÖ, etwa ein Bekenntnis zur EU etc.

SN: Und wenn die FPÖ vor der SPÖ zu liegen kommt? Sollte die SPÖ dann notfalls Strache zum Kanzler machen? Das kann ich mir nicht vorstellen. Denn das würde eine Isolation in Europa bedeuten, die auch den Arbeitnehm­ern schaden würde. Es sind aber noch nicht alle Wahlprogra­mme da. Ich hoffe, dass die Arbeitnehm­er nachzudenk­en beginnen. Denn wenn hier teilweise die Abschaffun­g des Kammersyst­ems gefordert wird, dann gibt es künftig keine Kollektivv­erträge mehr und daher auch viele Vorteile nicht wie Weihnachts- und Urlaubsgel­d. Darauf sollten die Leute sich vor der Wahl besinnen. SN: Die Kammerabsc­haffung fordern die Neos . . . Aber auch die FPÖ! Und wenn es die Wirtschaft­skammer nicht mehr gibt: Mit wem soll der ÖGB Kollektivv­erträge aushandeln?

SN: Sie wollen Ihr Bürgermeis­teramt in Bürmoos im März 2018 an ihren Vize Fritz Kralik abgeben, der um die 60 ist. Ist das eine zukunftstr­ächtige Ansage? Das entscheide­t die Ortspartei. Das Wichtigste ist nicht das Alter in der Politik, sondern die Erfahrung und der soziale Gedanke. SN: Wäre SPÖ-Nationalrä­tin Cornelia Ecker (41) als Frau nicht die stärkere Ansage? Sie kandidiert wieder für den Nationalra­t. Als Bürgermeis­ter/-in braucht man aber die ganze Kraft für den Ort. Sie ist auch Unternehme­rin. Eine solche Dreifachbe­lastung wäre unzumutbar.

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Frisch geschlüpft . . .
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BILD: SN/ROBERT RATZER Peter Eder übernimmt in den nächsten Monaten die Ämter von Siegfried Pichler.

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