Mahnung, Bitte und Appell
Bundespräsident Alexander Van der Bellen sprach zu den Österreichern. Und zu den wahlwerbenden Parteien. Doch was hat er eigentlich gesagt?
Bundespräsident Alexander Van der Bellen griff am Dienstag mit einer öffentlichen Erklärung in den Wahlkampf ein. Die Parteien mahnte er, nicht ihre Gesprächsbasis für die Zeit nach dem 15. Oktober zu zerstören. An die Wählerinnen und Wähler richtete er die Bitte, das Wahlrecht auszuüben. Was die Themen Europa und Klima betrifft, nahm er die künftige Regierung mit einem konkreten Appell in die Pflicht. Unser Foto zeigt Van der Bellen in der Präsidentschaftskanzlei vor einem Bild Kaiserin Maria Theresias.
Heinz Fischer wählte vorzugsweise das Instrument des Zeitungsinterviews oder der TV-„Pressestunde“, wenn er der Öffentlichkeit etwas mitzuteilen hatte. Sein Nachfolger, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, ging am Dienstag einen anderen Weg: Er lud zu einer öffentlichen Erklärung in die Hofburg und stellte sich anschließend den Fragen der anwesenden Journalisten.
Es waren mehrere Botschaften, die der Bundespräsident aussandte. Deren erste: Die Bürgerinnen und Bürger mögen bei der bevorstehenden Nationalratswahl bitte ihr Wahlrecht ausüben. Die zweite: Die Wähler mögen nicht nur bedenken, was gut für sie selbst ist, sondern bei der Wahlentscheidung das Interesse des Landes im Auge haben.
Die dritte Botschaft richtete sich an die Parteien: Bei allem Verständnis zu wahlkampfbedingten Auseinandersetzungen sollten diese nicht vergessen, „dass es nach dem 15. Oktober eine intakte Gesprächsund Verhandlungsbasis zwischen den Parteien braucht“. Inhaltlich widmete sich der Bundespräsident drei Themenbereichen: Europa, Migration und Klimawandel. Wobei auffiel, dass seine Aussagen zu Europa und zum Klimawandel relativ konkret waren, jene zur Migration hingegen eher im Allgemeinen blieben. Europa. Van der Bellen ließ keinen Zweifel daran, dass er eine starke EU wünscht. „Die wirklich großen Probleme können wir nur gemeinsam auf europäischer Ebene lösen“, sagte er. Die Aufsplitterung in „vermeintlich autonomere, noch kleinere nationale Einheiten“sei keine Lösung. Der Friede in Europa sei „keine Selbstverständlichkeit“, sondern „das Resultat gemeinsamen Wollens“. Er werde nach der Wahl darauf achten, dass sich dieser Gedanke im Programm der künftigen Regierung wiederfinde. Migration. Dieses „Problem“werde uns „mit Sicherheit über die nächste Legislaturperiode hinaus begleiten“. Es sei nur gemeinsam auf europäischer Ebene zu lösen. Kurzfristige, reflexhafte Maßnahmen seien zu wenig, man brauche gemeinschaftliches, verantwortungsvolles, längerfristiges Denken. – Dies mag als Kritik an der aktivistischen Grenzschutzpolitik der Regierung gemeint gewesen sein. Konkrete Handlungsanleitungen gab Van der Bellen keine. Klimawandel. Bei diesem Thema nahm der Bundespräsident, ähnlich wie beim Thema Europa, die künftige Regierung in die Pflicht. Er erinnerte an die jüngsten Hurrikans, die immer häufigeren Hitzewellen in Europa und das dramatische Schmelzen der Gletscher in den Alpen. Er werde „alles tun, was in meiner Macht steht, auf die Entscheidungsträger dieser Welt einzuwirken und für mehr Umwelt- und Klimaschutzbewusstsein zu werben“. Und weiter: „Wir müssen in verschiedensten Bereichen umdenken und wir brauchen eine Regierung, der das bewusst ist.“ Weitere Probleme, von der Digitalisierung über die Bildung, die Wirtschaft und die „beständig größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich“streifte Van der Bellen nur in einem Satz.