Mit dem Klapprad immer hart an der Grenze
Tim Moore schreibt von verrückten Reisen so amüsant, dass man auch über Schmerzen lacht.
SALZBURG. Tim Moore ist Grenzgänger. Das gilt für die Reisen, die der Brite unternimmt. Und es gilt für die Literatur, die danach entsteht – wie in seinem neuen Buch „Mit dem Klapprad in die Kälte“.
Wahlweise zerhämmern oder zementieren seine Bücher Vorurteile – über die Gewohnheiten anderer Völker, über den Charakter von Landschaften und das Essen in entlegenen Gegenden. Immer passiert das mit Witz, britischem Understatement und Selbstironie. Wahrscheinlich kann man gar nicht anders mit sich selbst umgehen, wenn man sich in Nordnorwegen im Winter aufmacht zu einer Radtour, die Monate und 8500 Kilometer später am Schwarzen Meer endet.
Es geht dahin – bisweilen zäh, was sich in Längen des Texts spiegelt – auf der Euro Velo Route 13. Sie führt entlang des einstigen Eisernen Vorhangs durch 20 Länder. Das ist eine Idealvorlage für einen wie Moore. Er durchquerte schon mit einem historischen Rad Italien („Gironimo“), fuhr als absoluter Laie die Strecke der Tour de France nach („Tortour de France“) und suchte nach den Letztplatzierten beim Song Contest („Null Punkte“). Darüber schrieb er Reportagen, deren Witz es locker mit Werken von Bill Bryson, dem Meister der ironischen Selbsterfahrung im Abenteuerreiseland, aufnehmen kann. Allein die Wahl seines Rads für den „Iron Curtain Trail“– eine Mifa 904, Klapprad aus DDR-Zeiten mit kleinen Reifen und ohne Schaltung – bietet Moore viel Platz für irre Geschichten über eigene Unzulänglichkeiten inklusive Schmerzen in Kälte und Hitze. Das formuliert er aber so locker, dass es stets zum Lachen ist. Weil Moore ein genauer Beobachter ist, der viel über die Länder weiß, die er durchradelt, kann er die Landkarte einer Welt entwerfen, die zwar oft nur ein paar Hundert Kilometer von uns entfernt ist, aber gefühlt einen anderen Kontinent bildet. Allerhand skurrile Begegnungen hat er dabei. Moore hinterfragt aber seinen eigenen Irrsinn letztendlich immer so, dass er mit seinem Rad selbst die skurrilste Erscheinung bleibt. So entsteht eines der amüsantesten und gleichermaßen lehrreichsten Reisebücher der jüngsten Zeit.