Viele Prominente versuchten, vor der Justiz zu flüchten
Peter Seisenbacher befindet sich in der Ukraine auf freiem Fuß, einzig der Reisepass wurde ihm entzogen. Der Olympiasieger ist nicht der Einzige, der sich einem Strafverfahren entziehen wollte.
WIEN. Gesucht und im Ausland aufgespürt. Das gilt nicht nur für JudoOlympiasieger Peter Seisenbacher, dem von der Staatsanwaltschaft Wien der sexuelle Missbrauch von Unmündigen vorgeworfen wird. Der 57-jährige Wiener war kurz vor Weihnachten 2016 zu seiner Strafverhandlung nicht erschienen, Anfang August wurde Seisenbacher in Kiew verhaftet. Ob der jetzige JudoTrainer nach Österreich ausgeliefert wird, ist fraglich, nachdem er zur Verwunderung der heimischen Justiz vor einigen Tagen auf freien Fuß gesetzt worden ist. Einzig seinen Reisepass musste er den ukrainischen Behörden abgeben.
Seisenbacher ist nur einer von vielen namhaften Männern, die versuchten, sich durch Flucht der Justiz in Österreich zu entziehen. Der ehemalige Bawag-Generaldirektor Helmut Elsner wurde in seiner Villa in Südfrankreich wegen Fluchtgefahr verhaftet, nachdem er aus gesundheitlichen Gründen einem Gerichtstermin in Wien ferngeblieben war. Es folgte ein monatelanges Tauziehen, bis der Banker ausgeliefert wurde.
Der im Jahr 2001 in der Justizanstalt Graz-Karlau verstorbene Udo Proksch war im Lucona-Skandal nach politischen Interventionen aus der U-Haft entlassen worden. Danach flüchtete der sechsfache Mörder nach Asien, wo er sich in Manila (Philippinen) einer Gesichtsoperation unterzog, und floh durch halb Europa. Er lebte unter Alias-Namen und wurde nach eineinhalb Jahren wieder verhaftet.
Ein Unternehmer, der für seine Rolle in einer Parteispendenaffäre in den Medien als „der Mann mit dem Koffer“bezeichnet wurde, setzte sich nach Verbüßung eines Teils seiner Haftstrafe wegen Millionenbetrugs nach Thailand ab. 1994 wurde er dort verhaftet. Im November 1996 kam er in Shorts, Badeschlapfen und Handschellen wieder nach Wien zurück.
Der Prostituiertenmörder Jack Unterweger hat 1994 im Gefängnis Suizid begangen. Vor seiner Verurteilung wegen neunfachen Mordes war der „Häfnliterat“mit seiner minderjährigen Freundin über die Schweiz in die USA geflohen. Im Februar 1992 wurde er vom FBI in Miami festgenommen.
Zahlreiche weitere Prominente versuchten ihr Heil in der Flucht ins Ausland, darunter ein früherer Parlamentarier, der 1998 mit seiner Fluchtgefährtin in Fortaleza (Brasilien) festgenommen wurde – und später wegen Betrugs einsaß. Oder ein Ex-Banker, der sich 1998 nach Frankreich absetzte und von der Polizei durch Handypeilung überführt wurde. Er musste wegen Veruntreuung hinter Gitter. Ein ExAnwalt aus Salzburg, wegen Veruntreuung gesucht, wurde mit seiner Lebensgefährtin im Jahr 2012 nach jahrelanger internationaler Fahndung in Italien gefasst.
Der österreichische EuropolBeamte Gerald Hesztera sieht für Kriminelle wenig Chancen, dauerhaft unterzutauchen. „Die Zusammenarbeit in Europa hat sich in den vergangenen fünf Jahren massiv verbessert. Man kann sich verstecken, die Frage ist, unter welchen Bedingungen und für wie lang“, sagte Hesztera. „Früher oder später bekommen die Zielfahnder den Gesuchten.“Eine Ausnahme ist Tibor Foco, Österreichs am längsten gesuchter Mordverdächtiger. Durch Social-Media-Kampagnen wird der Fahndungsdruck zusätzlich erhöht.
„Man kann sich verstecken, nur wie lang?“