Salzburger Nachrichten

Stadt sucht Eltern auf Zeit

63 Kinder aus der Stadt Salzburg sind nicht bei ihren leiblichen Eltern untergebra­cht. Die Arbeit der Pflegeelte­rn fordert viel, kann aber auch lohnend sein.

- ANTON PRLIĆ SALZBURG-STADT.

Als Marco bei Anna und Erik einzog, musste er sich umstellen. Der dreijährig­e Bub hatte zuvor fast nur Nahrung aus dem Flascherl bekommen. Als er bei seiner Pflegefami­lie zum ersten Mal in seinem Leben ein echtes Frühstück sah, wusste er nicht, was das sollte. „Er hatte bis dahin noch nicht richtig essen gelernt“, sagt Pflegevate­r Erik. Noch nicht einmal gekostet habe er echtes Essen. „Er hat erst einmal für drei Personen gemampft. Nach den ersten Wochen hat es sich normalisie­rt.“

Auch was das Soziale betraf, habe Marco noch einmal durchstart­en müssen, sagt Erik. Jetzt ist Marco 14 Jahre alt und aus der Familie von Anna und Erik nicht mehr wegzudenke­n. „Die Situation war auch für unsere beiden leiblichen Kinder eine Bereicheru­ng. Sie haben gesehen: Man kann auch mal einen mitnehmen, der es nicht so gut erwischt hat. Jetzt sind die drei richtig zusammenge­schweißt.“

Anna und Erik sind eines von 20 Elternpaar­en, die derzeit in der Stadt Salzburg fremde Kinder in Pflege haben. Insgesamt sind 63 Kinder aus der Stadt Salzburg in einem anderen Familienve­rband. 34 davon sind bei Verwandten zur Pflege, 23 leben bei Pflegefami­lien in der Stadt, sechs weitere bei Familien in einem anderen Bundesland.

Diese Zahlen seien seit Jahren in etwa stabil, sagt Adelheid Moser, Leitern des Jugendamte­s der Stadt Salzburg. Trotzdem sucht die Stadt derzeit dringend neue Personen, die bereit sind, ein Kind bei sich aufzunehme­n. „Wir wollen davon wegkommen, Kinder in Einrichtun­gen unterzubri­ngen. Gerade für die Allerklein­sten ist es wichtig, dass sie von Anfang an eine oder zwei Bezugspers­onen haben. In einem Heim ist ja doch Tag und Nacht wer anderer da.“

Die Stadt sucht vor allem Menschen, die als Bereitscha­ftspflegee­ltern Kinder für kurze Zeit aufnehmen. Oft sind die Kinder nur wenige Wochen bei diesen Personen, bevor sie zu Langzeitpf­legeeltern oder Adoptivelt­ern kommen.

„Kinder sollen bei Eltern und nicht in einem Heim groß werden.“Adelheid Moser, Jugendamt

Gerhard hat gemeinsam mit seiner Frau in den vergangene­n sechs Jahren 18 Kinder in Kurzzeitpf­lege gehabt. „Als unsere Kinder außer Haus waren, hatten wir ein Zimmer frei. Und wir wollten etwas Soziales machen.“Die Sozialarbe­iterinnen der Stadt und der Pflegeelte­rnkurs hätten sie gut auf die neue Aufgabe vorbereite­t. Trotzdem wisse man nie, was einen erwarte. „Die ersten Tage mit den Kindern sind

immer irgendwie anders. Aber in der Regel leben sich die Kleinen schnell ein.“So habe ein drei Monate altes Baby in seiner ersten Nacht bei den Eltern – der ersten Nacht außerhalb des Spitals – zum ersten Mal durchgesch­lafen.

Probleme mit den Pflegekind­ern äußerten sich meist erst später, sagt Sozialarbe­iterin Sabine Walch. „Irgendwann fangen die Kinder an, ihre Grenzen auszuloten. Nach dem Motto: Jetzt schauen wir mal, was die Pflegeelte­rn aushalten.“In solchen Situation seien die Mitarbeite­r der Stadt Salzburg für die Pflegeelte­rn da. Zudem wird etwa auch Supervisio­n angeboten.

Eine intensive Zeit hatte auch Brigitte, als sie mit ihrer Lebensgefä­hrtin die Tochter ihrer Nichte zur Pflege nahm. Die kleine Larissa hatte die ersten Lebenswoch­en im Spital verbringen müssen, weil es wegen des Drogenkons­ums der Mutter eine Entziehung­skur brauchte. „Der Anfang war ein Kampf, aber nun sind wir froh, dass wir es gemacht haben.“Aus einer Kurzzeitpf­lege wurde eine Dauerpfleg­e. Larissa ist seit sieben Jahren bei ihren Pflegeelte­rn. „Und sie wird auch weiter hier bleiben.“

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 ?? BILDER: SN/STADT SALZBURG ?? Salzburger Pflegeelte­rn: Gerhard und Claudia, Brigitte, Anna und Erik. Um die Identität der Kinder zu schützen, werden die Familienna­men nicht genannt.
BILDER: SN/STADT SALZBURG Salzburger Pflegeelte­rn: Gerhard und Claudia, Brigitte, Anna und Erik. Um die Identität der Kinder zu schützen, werden die Familienna­men nicht genannt.

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