Wenig Appetit auf den Euro
Die Finanzminister der Eurozone haben derzeit andere Sorgen, als neue Mitglieder in ihren Kreis aufzunehmen. Sie wollen die Eurozone zuerst krisenfest machen.
TALLINN. Die „Euro-für-Alle“-Aussage von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und sein Plan, einen Euro-Finanzminister zu installieren, stoßen nicht nur bei heimischen Politikern auf Skepsis. Gerade die Länder, die heute noch nicht in der Währungsunion sind, bremsen klar und deutlich: „Das schwedische Volk wird entscheiden, ob und wann wir den Euro einführen“, sagte Finanzministerin Magdalena Andersson. Kristian Jensen, ihr Kollege aus Dänemark, begrüße eine große und starke Eurozone – aber eben ohne sein Land, sagte er beim Treffen der EU-Finanzminister in der estnischen Hauptstadt Tallinn.
Die 19 Finanzminister, die den Euro bereits im Land haben, wollen zunächst die Schwächen der Währungsunion korrigieren und sie krisenfester machen, bevor sie über neue Mitglieder oder gar Positionen reden. „Wir haben nichts davon, eine Diskussion zu führen, solange nicht geklärt ist, was die Strategie der Eurozone ist“, sagte Finanzminister Hans Jörg Schelling. Wenn die Strategie klar sei, könne man „die Struktur dahinter bauen“. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem geht davon aus, dass es länger dauern werde, bis weitere Länder dazukämen. Einige arbeiteten sehr hart daran, die Kriterien zu erfüllen, bei den anderen sei der Appetit jedoch derzeit sehr gering. „Ich glaube nicht, dass wir das von oben herab beschleunigen können.“Genau das wird da und dort befürchtet, seit Juncker in seiner Rede Mitte der Woche erklärt hat, dass der Euro dazu bestimmt sei, „die einheitliche Währung der EU als Ganzes zu sein“. Damit auch alle Länder beitreten könnten, die wollten, solle es technische Hilfe und Geld geben, schlug Juncker vor.
Neu ist der Ruf nach dem Eurozonen-Ausbau nicht. Wie Juncker dazusagte, seien alle EULänder außer Großbritannien und Dänemark „verpflichtet und berechtigt“, dem Euroraum beizutreten, sobald sie die Kriterien erfüllten. Das ist jedoch ein Problem: Länder wie Tschechien und Schweden wären bereit, wollen jedoch nicht, andere wie Bulgarien wollen, können aber nicht. „Ein zweiter Fall Griechenland wird nicht passieren“, sagte Schelling. Athen hatte mit geschönten Statistiken den Eintritt in die Eurozone geschafft und musste mit Milliardenhilfen vor der Pleite gerettet werden.
Auf wenig Gegenliebe stieß der Plan für eine „Fusion“der Posten von Eurogruppen-Chef und Währungskommissar zu einer Art Finanzminister. „Wir sollten die Debatte damit beginnen, was der Eurozone fehlt – Widerstandsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit, Solidarität“, sagte Dijsselbloem. Anschließend könne über institutionelle Änderungen gesprochen werden. Auch Schelling forderte, zunächst zu klären, was ein solcher EU-Finanzminister entscheiden oder welche Sanktionen er verhängen können soll, und erst dann über Posten zu reden.