Abschied auf Raten von Koller
Der Teamchef hört auf, darf aber bei den letzten beiden Spielen noch auf der Bank sitzen.
GMUNDEN. Vor einer malerischen Aussicht über den Traunsee und das Bergpanorama fiel am Freitag die Entscheidung: Marcel Kollers Zeit als österreichischer FußballTeamchef endet – aber nicht sofort. Er darf seinen Vertrag wie vereinbart bis 31. Dezember erfüllen und sitzt damit auch bei den beiden verbleibenden Spielen der WM-Qualifikation gegen Serbien (6. Oktober) und Moldawien (9. Oktober) auf der Bank.
Über mögliche Nachfolger hat das ÖFB-Präsidium, bestehend aus Präsident Leo Windtner, den neun Landesverbandspräsidenten und drei Bundesligavertretern, in Gmunden nicht gesprochen. Es sei auch so „eine sehr intensive Sitzung“gewesen, sagte Windtner gegen 20 Uhr vor der Presse.
Das Ergebnis gibt das Dilemma der ÖFB-Führung wieder: Einerseits herrsche ein gutes Verhältnis zu Koller, andererseits stimmen die Resultate einfach nicht mehr. „Marcel Koller ist für die gute Arbeit zu danken“, sagte Windtner. „Aber die nüchterne Statistik sagt auch: Von den letzten 18 Spielen haben wir nur vier gewonnen.“Wie in der Wirtschaft zähle am Ende eben nur das Ergebnis.
Ab sofort in Gang ist nun auch offiziell die Suche nach einem neuen Teamchef. „Es wird ein neues Anforderungsprofil für einen künftigen Teamchef erstellt“, sagte Windtner. Bei einer „zeitnahen“weiteren Präsidiumssitzung (dem Vernehmen nach Anfang Oktober) würden auch die weiteren Schritte für die Findung eines Koller-Nachfolgers abgesteckt. Aufhorchen ließ der Präsident mit dieser Ansage: „Auch die Funktion des Sportdirektors wird analysiert und evaluiert.“Ob Willi Ruttensteiner, vor sechs Jahren der „Erfinder“des Teamchefs Marcel Koller, um seinen Job bangen muss? Fest steht, dass er nun in einer „fundierten Analyse“die Ursachen des sportlichen Niedergangs beim Nationalteam und Ideen für eine Wende finden soll.
Offen blieb ein heikler Punkt: Nämlich, ob das Teamtrainingslager im November und das daran anschließende Testspiel im November ebenfalls noch von Koller geleitet wird oder schon vom Neuen.
52 Länderspiele, 23 Siege, 13 Remis, 16 Niederlagen: Das ist die Bilanz bisher. Die Höhen und Tiefen der Ära Koller werden an den Platzierungen in der FIFA-Weltrangliste am deutlichsten. Als der Schweizer das ÖFB-Team am 1. November 2011 übernahm, lag es auf Platz 72. Vor der EURO war Österreich auf Platz zehn, mittlerweile rangieren wir nach der verkorksten WM-Qualifikation nur noch auf Rang 57.
Nach anfänglicher breiter Skepsis in der heimischen Fußballszene überzeugte Koller auch die Zweifler, spätestens mit der ungeschlagen absolvierten Qualifikation zur EURO 2016 war er auf dem Höhepunkt seiner Popularität. Umso tiefer war die Enttäuschung, als das rot-weiß-rote Team in Frankreich schon in der Vorrunde ausschied. Den Trend nach unten konnte Marcel Koller auch in der WM-Qualifikation nicht mehr umkehren. Das 1:1 gegen Georgien vor knapp zwei Wochen war schließlich der Anfang vom Ende der Ära Koller.