Bundeskanzler findet keine Mehrheit für sein Mietpaket
Wie die SPÖ die Mieten für alle Wohnungen deckeln will. Und warum die anderen Parteien dabei nicht mitspielen.
WIEN. Die Fronten sind bezogen. Auf der einen Seite die SPÖ und die Grünen, auf der anderen Seite die ÖVP, die FPÖ und die Neos. Es geht um die Vorschläge von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) zur Reform des Mietrechts, die er gern noch vor der Nationalratswahl am 15. Oktober im Parlament beschließen will und für die er, wie es aussieht, keine Mehrheit finden wird.
Bei der Analyse der Situation sind sich alle Parteien einig. Die Mieten in Österreich sind in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Viele Bürgerinnen und Bürger werden durch die Wohnkosten massiv belastet. Dazu kommt, dass es in Österreich eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen gibt, die bestimmen, wie hoch die Miete sein darf. Das beginnt beim freien Wohnungsmarkt, wo Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen, und reicht bis zum Richtwertsystem, das für vor 1953 gebaute Häuser und für Eigentumswohnungen gilt, die vor 1945 errichtet wurden und bei denen pro Quadratmeter in Wien 5,58 Euro und in Salzburg 7,71 Euro verlangt werden dürfen. Dazu kommen noch Zu- und Abschläge je nach Ausstattung der Wohnung.
Der Vorschlag der SPÖ: Die unterschiedlichen Regelungen im Mietrecht sollen vereinheitlicht werden. Wer eine Wohnung neu vermietet, für den soll es einen geregelten Mietpreis geben, der sich aus dem Standardquadratmeterpreis (5,50 Euro) zuzüglich klar definierter Abschläge und Zuschläge errechnet. Damit auch Private weiterhin Wohnungen bauen, soll als Investitionsanreize für frei finanzierte Unterkünfte diese Regel für 20 Jahre nicht gelten und die Mieten nach Angebot und Nachfrage gebildet werden.
Weiters sollen die Maklergebüh- ren künftig die Auftraggeber zahlen – in 90 Prozent der Fälle ist das der Vermieter. Auch die Belastung durch die Betriebskosten will die SPÖ senken. Grundsteuer und Versicherungskosten, die derzeit in der Regel auf den Mieter abgewälzt werden, sollen nach Ansicht der SPÖ in Zukunft vom Vermieter getragen werden. „Die Mieten sind in den vergangenen zehn Jahren doppelt so schnell gestiegen wie die Einkommen“, begründet Kern seinen Vorschlag. Der Bundeskanzler legte Beispielrechnungen vor, wonach sich durch das Mietrechtspaket der Preis für eine 80-Quadratmeter-Wohnung in einem Wiener Mehrgeschoßbau von 1192 auf 736 Euro und jener für eine Wohnung (mehr als 135 Quadratmeter) in einem Salzburger Ein- oder Zweifamilienhaus von 2160 auf 1860 Euro reduzieren würde.
Die Reaktionen der anderen Parteien: FPÖ-Bautensprecher Philipp Schrangl sagte, dass seine Partei der SPÖ-Initiative jetzt nicht zustimmen werde. Die Vorgangsweise der SPÖ und von Bundeskanzler Christian Kern bezeichnete Schrangl als „sehr unseriös“. Es handle sich beim Mietrecht aber um eine komplizierte Materie, die so viele Menschen betreffe, dass man dies „nicht husch, pfusch vor der Wahl“machen könne. Auf strikte Ablehnung stoßen die SPÖ-Pläne bei den Neos. Bautensprecher Gerald Loacker sprach von „linkspopulistischen Vorschlägen der SPÖ“und von „purer Planwirtschaft“. Die Grünen zeigten sich hingegen über den SPÖ-Vorstoß erfreut. „Wenn es der SPÖ um mehr als nur um Theaterdonner und Wahlkampfgetöse geht, muss sie sich rasch am Verhandlungstisch einfinden“, meint Klubobmann Albert Steinhauser.
Ein neues Mietrecht stand auch auf der Agenda der jetzigen Regierung. Allerdings gab es keine Einigung zwischen ÖVP und SPÖ.