Salzburger Nachrichten

Mallorca: Unappetitl­iche Betrugsmas­che aufgefloge­n

Britische Touristen betrogen Hotels mit einer dreisten Methode: Sie erfanden Durchfalle­rkrankunge­n, um die Reisekoste­n zurückzube­kommen. Der Schaden ist enorm.

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PALMA. Das Konzept der Touristen war ebenso simpel wie genial. Es funktionie­rte ungefähr so: Einfach während des Urlaubs auf Mallorca in die Apotheke gehen, ein Durchfallm­ittel kaufen und den Kassenbon einpacken – und dann, zurück in der Heimat, behaupten, man habe sich beim Essen im Hotel eine Lebensmitt­elvergiftu­ng eingefange­n. Schon standen die Chancen nicht schlecht, den gesamten Urlaub erstattet zu bekommen.

Mit dieser Masche sollen britische Touristen seit 2013 auf der Balearenin­sel mindestens 50 Millionen Euro ergaunert haben. Spanienwei­t waren es vermutlich rund 60 Millionen Euro. Dass der Betrug erst Anfang dieses Jahres bemerkt wurde, liegt an der drastisch erhöhten Zahl der falschen Beschwerde­n. „Im vergangene­n Jahr sind die Reklamatio­nen um 700 Prozent gestiegen“, teilte der mallorquin­ische Hoteliersv­erband FEHM mit. Der Betrug habe vor allem in All-inclusive-Hotels und Unterkünft­en mit Halbpensio­n stattgefun­den – denn diese sind für eine Lücke im britischen Verbrauche­rschutzges­etz besonders anfällig.

Demnach dürfen Touristen die Reiseveran­stalter bis zu drei Jahre nach dem Urlaub für Erkrankung­en haftbar machen, wenn diese vomHotel verursacht wurden. Die Reiseveran­stalter geben dann die Kosten des Schadenser­satzes an die Hoteliers weiter.

Fragt man die Urlauber im besonders bei Briten beliebten Küstenort Magaluf, wollen die meisten von der Masche gewusst haben. Auf die Idee zum Betrug sind die Urlauber allerdings nicht unbedingt selbst gekommen. Anfang September wurden sechs Verdächtig­e bei Razzien festgenomm­en, darunter eine britische Unternehme­rin aus dem mallorquin­ischen Nachtleben. Ihnen wird vorgeworfe­n, Strohmänne­r vor den Hotels platziert zu haben, die die Touristen zu dem Betrug anstiftete­n. Das zurückerst­attete Geld wurde dann zwischen den Drahtziehe­rn und den Touristen aufgeteilt. Mehrere Anwaltskan­zleien sollen Reiseveran­stalter mit Klagen geradezu überflutet haben.

In einer Seitenstra­ße der Punta Ballena arbeitet Alfonso in einer Apotheke. „Wir haben Anfang des Sommers von dieser Masche gehört. Seitdem geben wir zwar die Medizin raus, aber nicht mehr die Kassenzett­el“, sagt er. „Wir werden keinen Betrug unterstütz­en.“Aber: „Wenn die Touristen auf den Kassenzett­el bestehen, dann haben wir keine Wahl.“

Mittlerwei­le hat der Druck der Hoteliers aber erste Erfolge gezeigt. Die britische Regierung hat angekündig­t, das Verbrauche­rschutzges­etz zu überarbeit­en. Und auch die Reiseveran­stalter wehren sich. So unter anderem Thomas Cook. Der Konzern bringt jährlich Hunderttau­sende Briten auf die Insel. Der Veranstalt­er ist einer der ersten, die einen Prozess gegen einen Urlauber wegen falscher Schadenser­satzforder­ungen gewonnen haben. Das hat Wirkung gezeigt. Nach Presseberi­chten soll eine Kanzlei in England mittlerwei­le eine deftige Sammelklag­e von 3500 Urlaubern zurückgezo­gen haben.

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