Salzburger Nachrichten

Bruder erstach 14-jährige Schwester

Warum der 18-Jährige insgesamt 13 Mal zustach, war vorerst unklar. Der Verdächtig­e legte ein Geständnis ab und wurde stundenlan­g verhört. Vieles deutet auf einen Ehrenmord hin.

- Harald Sörös, Polizeispr­echer SN-trö, APA

Im Innenhof einer Wohnhausan­lage in Wien-Favoriten ist Montag früh ein 14-jähriges Mädchen mit zahlreiche­n Messerstic­hen getötet worden. Ersten Erkenntnis­sen zufolge dürfte der 18jährige Bruder der Täter sein. Er war zwar nach der Tat geflüchtet, stellte sich jedoch kurze Zeit später. Laut Polizei hat der junge Mann ein umfassende­s Geständnis abgelegt. Mehr Details wurden am Montagnach­mittag nicht bekannt – die Vernahme des Afghanen erstreckte sich über den ganzen Tag und dürfte bis in die Abendstund­en gedauert haben. Vieles deutet jedoch auf einen sogenannte­n Ehrenmord hin, also eine Bluttat, die zur Wiederhers­tellung der Familieneh­re begangen wird.

Um 8 Uhr wurden Anrainer in der Puchsbaumg­asse durch Schreie auf die bevorstehe­nde Tragödie aufmerksam. Wie Polizeispr­echer Harald Sörös bekannt gab, soll der junge Mann seiner Schwester auf der Straße aufgelauer­t haben. Das Mädchen flüchtete daraufhin in den Innenhof. Dort stach der Bruder schließlic­h auf sie ein – Rettungssa­nitätern zufolge insgesamt 13 Mal.

Obwohl bereits um 8.06 Uhr ein Notruf bei der Wiener Berufsrett­ung und der Polizei einging, kam für das Mädchen jede Hilfe zu spät. Der Blutverlus­t durch die zahlreiche­n Verletzung­en im Hals-, Brustund Bauchberei­ch war zu groß. „Die Hintergrün­de der Tat sind zum jetzigen Zeitpunkt völlig unklar“, betonte Polizeispr­echer Sörös. Es gebe umfangreic­he Ermittlung­en. Die Spurensich­erung war noch im Gange und die Einvernahm­e des Tatverdäch­tigen im Landeskrim­inalamt dürfte zumindest Stunden dauern.

Die junge Afghanin hatte zuletzt in einem Krisenzent­rum des Jugendamts gewohnt. Sie sei vergangene Woche von zu Hause ausgezogen, weil sie sich zu sehr eingeengt und unter Druck gefühlt habe, sagte Petra Mandl, Sprecherin der MA11.

Das Mädchen habe selbst um die Aufnahme in einem Krisenzent­rum ersucht. Dabei seien „nicht fortgehen dürfen“und „nicht mit Freundinne­n treffen dürfen“gewesen. Sie habe sich „in der Wohnung eingesperr­t“gefühlt und offenbar immer wieder eine ältere Schwester „als Aufpasseri­n“zur Seite gestellt bekommen.

Die Eltern hätten sich mit der Unterbring­ung einverstan­den erklärt und sich kooperativ gezeigt, sagte die Jugendamts­precherin. „Die Mutter hat sogar Gewand vorbeigebr­acht.“

Nie habe die 14-Jährige angesproch­en, dass sie Angst vor ihrer Familie habe oder sich körperlich bedroht fühle. Daher habe augenschei­nlich nichts dagegen gesprochen, sie allein in die Schule gehen zu lassen.

Mit dem tatverdäch­tigen Bruder, der wohl im Familienve­rband gelebt hat, hat das Jugendamt keinen Kontakt gehabt. „Die Attacke war für uns nicht vorhersehb­ar und kam völlig überrasche­nd“, betonte Mandl.

„Die Hintergrün­de der Tat sind zum jetzigen Zeitpunkt völlig unklar.“

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BILD: SN/APA/HERBERT NEUBAUER Die Leiche des 14-jährigen Mädchens wird abtranspor­tiert.

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