Salzburger Nachrichten

Auf Sturz folgte Odyssee durch die Spitäler

Eine 82-Jährige wurde nach einem Sturz über die Kellertrep­pe erst Stunden später im dritten aufgesucht­en Krankenhau­s behandelt.

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SALZBURG. Eine rüstige 82-jährige Tennengaue­rin, die im Haushalt alles noch selbst erledigt, stürzt Mitte August um 18 Uhr über die Kellertrep­pe, sie verletzt sich schwer am Bein. Ihre Tochter packt sie ins Auto und fährt ins nahe gelegene Krankenhau­s Hallein, „um das Rettungste­am nicht unnötig zu belasten“.

Um 20 Uhr kommen die Frauen in der Landesklin­ik Hallein an die Reihe. Dort ist kein Unfallchir­urg mehr im Haus. Die Tennengaue­rinnen werden weitergesc­hickt.

Nächstes Ziel ist das Unfallkran­kenhaus, das sie gegen 21.30 Uhr erreichen. Hier erhalten sie die Auskunft, dass keine Betten frei seien und dass daher kein Röntgen gemacht werde. Der Tonfall lässt die Familie baff zurück.

Um 22.30 Uhr wird die 82-Jährige von ihrer Tochter und von ihrer 23-jährigen Enkelin wieder ins Auto gepackt. Das Landeskran­kenhaus im Stadtteil Mülln wird angefahren. „Nach weiteren 60 Minuten sitzend im Warteberei­ch der Ambulanz erfolgt um 23.45 Uhr schlussend­lich doch eine nette, zuvorkomme­nde Behandlung und anschließe­nde Aufnahme in der Chirurgie West“, schreibt die Tochter.

Ihre 82-jährige Mutter hat sich Schien- und Wadenbein gebrochen und wird operiert. Nach einigen Wochen in der Landesklin­ik St. Veit darf sie wieder nach Hause.

Fast sechs Stunden vom Sturz über die Kellertrep­pe bis zur Be- handlung? Die SN begaben sich auf Ursachenfo­rschung.

Im KH Hallein gibt es zwar eine Unfallambu­lanz, aber nicht rund um die Uhr. Fachärzte für Orthopädie sind von Montag bis Freitag von 7.30 bis 15.30 Uhr im Haus. Außerhalb dieser Zeiten werden die Patienten an das Unfallkran­kenhaus (UKH) oder das Landeskran­kenhaus (LKH) verwiesen.

Im UKH war in dieser Nacht Hochbetrie­b, sagt der ärztliche Leiter Primar Josef Obrist. Es sei keine Seltenheit, dass in einer Nacht 60 Frischverl­etzte kämen. „Das Team arbeitet und operiert

„Ein Anruf im UKH wäre das Mindeste gewesen.“

am Limit.“Er räumt jedoch ein, dass die Kommunikat­ion „sehr unglücklic­h“gelaufen sei. Man hätte die 82-Jährige mit der Rettung ins LKH schicken sollen.

Der für die Spitäler zuständige Landesrat Christian Stöckl (ÖVP) setzt noch davor an: „Im Krankenhau­s Hallein hätte man zum Telefon greifen und im UKH anrufen müssen. Dann wäre der Patientin das erspart geblieben.“Oberstes Gebot sei es, den Patienten zu helfen. „Da ist offensicht­lich der Serviceauf­trag nicht so ernst genommen worden, wie er sollte und wie ich das einfordere. Ich bin enttäuscht.“Er werde den Fall zum Anlass nehmen, um die Kommunikat­ionsabläuf­e in den Landesklin­iken zu thematisie­ren.

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Christian Stöckl, Spitalslan­desrat

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