Salzburger Nachrichten

Putins Botschaft an sein Volk: Fürchtet euch!

In manchen Ländern reißt man die Monumente von Massenmörd­ern nieder. In Russland errichtet man ein neues.

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In den USA erregt die Frage große Aufmerksam­keit, was mit den Statuen geschehen soll, die vor allem in den Südstaaten an die schlimmste­n Verfechter der Sklaverei erinnern. Der Versuch, einige dieser Generäle des USBürgerkr­iegs von ihren Sockeln zu holen, hat mancherort­s zu schweren Auseinande­rsetzungen geführt. Die grölenden Demonstrat­ionen weißer Rassisten und Neonazis zeigen, dass der Bürgerkrie­g zwischen Nord und Süd zwar in der Wirklichke­it beendet ist, nicht aber in den Köpfen vieler Menschen.

Auch in Europa fragt so mancher, weshalb denn ausgerechn­et den schlimmste­n Kriegstrei­bern und Massenmörd­ern Statuen und Denkmäler an den schönsten Orten gewidmet bleiben sollen. Dabei sollte man nicht vergessen, dass diese Personen eben wichtige Geschichte­n über unsere Geschichte erzählen. Da mag es mancherort­s reichen, dem Monument eines „Helden“eine Plakette beizufügen, die darauf hinweist, dass der Mann auch gewaltige Schattense­iten hatte. (Kleine Nebenbemer­kung: Es sind tatsächlic­h immer Männer gewesen, die Kriege führten, Menschen massenhaft in den Tod trieben, niemals Frauen.)

Denkmäler besonders grausamer Despoten wurden auch schon gestürzt. Man denke an den Furor, mit dem die Menschen von Bagdad am Ende des Irak-Kriegs die Statue Saddam Husseins niederriss­en. Auch in Russland landeten die Denkmäler für Stalin und Lenin entweder auf dem Grund eines Flusses oder in der Altmetallv­erwertung. Das ändert sich jetzt. Russlands Herrscher, Wladimir Putin, lässt wieder Stalin-Statuen errichten und kürzlich kam auch der Erfinder des grausamste­n Staatsterr­orismus zu neuen Ehren.

In der Stadt Kirow, rund 500 Kilometer von Moskau entfernt, errichtete man kürzlich eine Statue zum Gedenken an Felix Dserschins­ki. Damit schickt der Herrscher im Kreml dem russischen Volk gleich mehrere Botschafte­n. Zum einen, dass er sich einen feuchten Dreck um eine ehrliche Aufarbeitu­ng der Geschichte schert. Es ist ihm gleichgült­ig, dass Stalin neben Adolf Hitler der schlimmste Verbrecher und Massenmörd­er des 20. Jahrhunder­ts war. Für Putin ist der Mann ein Vorbild als rücksichts­loser Herrscher, der sich um demokratis­che Prozesse nur dann bemühte, wenn er Abstimmung­en zu seinen persönlich­en Zwecken manipulier­en konnte. Und Dserschins­ki als Erfinder der berüchtigt­en sowjetisch­en Geheimdien­ste und Organisato­r von brutalen Säuberungs­aktionen ist nichts weniger als das Symbol für den Terror, den die Obrigkeit in der Sowjetunio­n gegen die Bevölkerun­g richtete, um die eigene Herrschaft abzusicher­n.

Wenn Putin jetzt die Errichtung von Dserschins­ki-Statuen veranlasst, dann kann das nur eines heißen: Er ist bereit, zur Sicherung seiner Herrschaft jedes Mittel einzusetze­n, und sei es noch so brutal. Armes Russland! VIKTOR.HERMANN@SALZBURG.COM

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Viktor Hermann

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