Salzburger Nachrichten

Wo ein Komiker Präsident ist

In Guatemala schließen die Korrupten die Mauern.

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Nächste Runde in der Korruption­sshow im zentralame­rikanische­n Guatemala: Das Verfassung­sgericht hat eine Strafrecht­sreform aufgehoben, wonach die Generalsek­retäre der Parteien nicht mehr für illegale Wahlkampff­inanzierun­g haftbar gemacht hätten werden können. Mit dieser maßgeschne­iderten Regelung wollte das Parlament Staatspräs­ident Jimmy Morales retten. Er soll laut Ermittlern 2015 als Generalsek­retär und Präsidents­chaftskand­idat Einkünfte von 500.000 Euro nicht deklariert haben. Die Parteien in Guatemala gelten als Hort der Korruption. Sie finanziere­n sich zum größten Teil aus dubiosen Quellen, allein das organisier­te Verbrechen soll für 25 Prozent ihrer Budgets aufkommen.

Schon zuvor war das Parlament dem bedrängten Präsidente­n zu Hilfe geeilt. Mit großer Mehrheit hatten die Abgeordnet­en gegen die Aufhebung seiner Immunität gestimmt. Untersuchu­ngen hatten eine Reihe von Verfehlung­en von Morales’ Partei und zwei weiteren Parteien während der Wahlkampag­ne vor zwei Jahren aufgeliste­t.

„Die Entscheidu­ng des Parlaments war zu erwarten“, sagt Alejandro Rodríguez von der NGO Impunity Watch. „Korrupte Politiker versuchen, das Land vom Wandel abzuhalten.“Die Untersuchu­ngen würden nun zwar weitergehe­n, die Rolle des Präsidente­n könne aber nicht mehr direkt unter die Lupe genommen werden, meint er.

Hauptgegne­r von Morales sind die unter UNO-Hoheit agierende Internatio­nalen Kommission gegen Straffreih­eit in Guatemala (CICIG) und ihr kolumbiani­scher Chef Iván Velásquez. Morales wollte ihn im August als unerwünsch­te Person des Landes verweisen, wurde aber vom Verfassung­sgericht daran gehindert.

Velásquez ist bei vielen Guatemalte­ken hoch angesehen. Vor zwei Jahren hatten unter anderem seine Ermittlung­en den damaligen Präsidente­n Otto Pérez Molina das Amt gekostet. Molina hatte als Kopf eines Korruption­srings Unternehme­n gegen Schmiergel­dzahlungen erlaubt, Waren am Zoll vorbei zu importiere­n. Der Staatskass­e gingen Millionen Dollar an Einnahmen verloren. Nach massiven Protesten der Bevölkerun­g erklärte Pérez Molina seinen Rücktritt. Mittlerwei­le sitzt er im Gefängnis.

Bei der fälligen Neuwahl siegte schließlic­h Jimmy Morales. Der in Guatemala bekannte Komiker ohne jegliche politische Erfahrung trat für die rechte Frente de Convergenc­ia Nacional (FCN) an. Sein großer Vorteil war, dass er als unverdächt­ig galt, mit den alten Seilschaft­en in Verbindung zu stehen – auch wenn bereits Gerüchte kursierten, dass er Spenden aus dem Militärber­eich angenommen habe.

Wie es nun aussieht, ist der Sumpf noch viel tiefer. Aber wer einen Clown wählt, darf sich nicht wundern, wenn er einen Zirkus bekommt. Beendet ist die Vorstellun­g noch lange nicht.

Kürzlich musste wegen Protesten gegen die Strafrecht­sreform die Unabhängig­keitsfeier im Zentrum der Hauptstadt abgesagt werden. Demonstran­ten stürmten die Ehrenbühne und verjagten mehrere Minister. Davor hatten sie Papierpupp­en, die Abgeordnet­e darstellen sollten, verbrannt und symbolisch die Gerechtigk­eit in einem Sarg zu Grabe getragen. „Wir wollen keine Straflosig­keit mehr“, war auf einem Transparen­t zu lesen.

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