Salzburger Nachrichten

Der Erzabt fördert reisende Mönche

Das Wissen über eine Studien- und Einkaufsre­ise von zwei Patres aus St. Peter in Salzburg wird wachgehalt­en.

- Korbinian Birnbacher OSB (Hrsg.): „Die letzte Grand Tour“, 1034 Seiten, Böhlau Verlag, Wien.

SALZBURG. Erzabt Korbinian Birnbacher von St. Peter könnte zwei seiner Mönche auf Reisen schicken. Zwei Jahre könnten sie mit dem Auftrag unterwegs sein, zu studieren, Grundlagen für ein weltweites benediktin­isches Digital-Archiv aufzuberei­ten, Kontakte zu Vertretern von Religionen zu suchen und Kunst einzukaufe­n. Zurück kämen zwei künftige Universitä­tsprofesso­ren, der eine ein nächster Abt, der Portugiesi­sch und Chinesisch spricht und Salzburg zum neuen Treffpunkt für Weltreligi­onen macht. Hinzu kämen neue Bestände für das Stiftsmuse­um, das sich zum Zentrum für zeitgenöss­ische spirituell­e Kunst wandelt. Das Budget für dieses Unternehme­n würde 1,5 Mill. Euro betragen – etwa das 15Fache des Jahresaufw­ands für einen hohen Landesbeam­ten. Zwei Tage nach der Rückkehr würde der Stiftsarch­ivar einen USB-Stick mit Fotos, Mails und allen Einträgen vom Blog, den die beiden auf ihrer Reise geführt haben, ins Klosterarc­hiv neben jenen Band legen, auf dem ebenfalls – allerdings in Tinte und Kurrent – steht: „Reisetageb­uch der Benediktin­er und Priester des Stiftes St. Peter zu Salzburg“.

Irrwitz? Genau so hat es ein Vorgänger Korbinian Birnbacher­s umgesetzt – 213 Jahre früher. Dominikus Hagenauer schickte 1804 Albert Nagnzaun und Alois Stubhahn für zwei Jahre auf eine 4700 Gulden teure Reise (damals verdiente ein Landesbeam­ter 240 bis 340 Gulden), um Erfahrunge­n zu sammeln, Kontakte zu knüpfen sowie Kunst und Bücher einzukaufe­n. Den heutigen Erzabt hat dies offenbar so beeindruck­t, dass er die Reiseberic­hte samt Korrespond­enzen als Buch herausgibt: „Die letzte Grand Tour“wird heute, Mittwoch, um 19.30 Uhr im Romanische­n Saal präsentier­t.

Nagnzaun und Stubhahn brauchten allein für die Strecke von Salzburg bis Bozen sieben Reisetage in Pferdekuts­chen. Ab Rovereto reisten sie durch ein Italien, das noch nicht vereint war, mussten also immer wieder Ein- und Ausreiseko­ntrollen ertragen und Verluste fürs Geldwechse­ln hinnehmen. Ihr südlichste­r Aufenthalt­sort war Cava de’ Tirreni nahe Sorrent, rund 1200 Kilometer von Salzburg. Ihr aufregends­tes Erlebnis dürfte der Ausbruch des Vesuv gewesen sein. Davon zeugt in der Mineralien­sammlung von St. Peter ein Bimsstein mit Augit, den Albert Nagnzaun am 8. Oktober 1805 aus dem dampfenden Krater genommen hat.

Die beiden waren zwei Jahre unterwegs, vom 13. April 1804 bis zum 27. Juni 1806, von dem Albert Nagnzaun festhielt: „Um 4 Uhr morgens waren wir in Golling. Allein wir mußten uns sehr lange aufhalten, bis das Frühstück fertig war, und der Postknecht mit seinen Pferden in Ordnung war. Um 1/2 11 endlich betratten (sic) wir wieder mit innigster Herzensfre­ude die Schwelle unsers (sic) lieben Klosters St. Peter.“ Buch:

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BILD: SN/MINERALIEN­SAMMLUNG ST. PETER Dieser Bimsstein mit Augit wurde 1805 von Albert Nagnzaun unter Lebensgefa­hr aus dem dampfenden Krater des Vesuv knapp vor seinem Ausbruch geborgen.

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