Ein Hauch von Miami in Afrika
Eine Tankstelle in Form eines startenden Flugzeugs: Futuristisches Design in Asmara verblüfft auch Architekturlaien. Kann die Aufnahme in die Unesco-Welterbeliste auch Eritrea verändern?
ASMARA. Die Tankstelle sieht aus, als wolle sie gleich von der Startbahn abheben. Wie bei einem Flugzeug ragen gigantische Flügel an beiden Seiten des Gebäudes raus. Ein runder Balkon sieht aus wie die Nase eines Fliegers. Die Fiat-Tagliero-Tankstelle ist mit ihrem futuristischen Design eine der wohl interessantesten Beispiele modernistischer Architektur der Welt – auch wegen ihres Standortes.
Denn sie steht nicht wie die meisten Bauten von Walter Gropius, Le Corbusier und Co. in Europa, sondern in Asmara, der Hauptstadt des ostafrikanischen Staates Eritrea. Asmara ist die erste modernistische Stadt, die in ihrer Gesamtheit von der Unesco im Juli in die Welterbeliste aufgenommen wurde. Die UNOrganisation lobte die Stadt für ihre „innovative Stadtplanung und modernistische Architektur in einem afrikanischen Kontext“. Eritrea gilt als extrem abgeschottet, bisweilen wird es als das Nordkorea Afrikas bezeichnet. Journalisten haben nur schwer Zugang, unabhängige Stimmen in dem Land gibt es nicht. Seit der Unabhängigkeit von Äthiopien im Jahr 1993 ist eine Regierung an der Macht, die Menschenrechtler als eine der repressivsten der Welt bezeichnen. Die UNO wirft dem Staat systematische Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Zehntausende Menschen sind bislang in die Nachbarländer und nach Europa geflohen, vor allem vor dem Militärdienst, der zeitlich unbegrenzt ist. 2014 und 2015 waren Eritreer die größte Gruppe an Flüchtlingen, die über das Mittelmeer flohen. Die einzigartige Kulturstätte Asmara passt da kaum ins Bild. „La piccola Roma“wird sie genannt, das kleine Rom, oder auch „Afrikas Miami“wegen der Art-deco-Gebäude, die es auch in der Stadt im US-Staat Florida gibt. Das heutige Asmara entstand vor allem während der italienischen Kolonialzeit in den 1920er- bis 1940er-Jahren. Weit weg von ihrer Heimat konnten sich die italienischen Architekten in Asmara damit austoben.