Salzburger Nachrichten

„Manchmal sorgen wir dafür, dass es nicht schlimmer wird“

Das Jugendamt der Stadt Salzburg hat die Obsorge für 200 unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e. Zehn bis 15 werden regelmäßig polizeilic­h auffällig. Es gibt aber auch Erfolgserl­ebnisse.

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Am Montag hatte Pavo Janjic-Baumgartne­r einiges an Erklärungs­bedarf. Am Wochenende davor war bekannt geworden, dass ein zwölfjähri­ger und ein 14-jähriger Jugendlich­er im Februar einen 63-jährigen Mann auf offener Straße überfallen haben sollen. Janjic-Baumgartne­r ist Leiter der Beratungss­telle des Jugendamts der Stadt Salzburg. „Und da wollten natürlich alle möglichen Verantwort­lichen wissen, was da los war“, sagt der Sozialarbe­iter.

Die beiden Jugendlich­en sind minderjähr­ige Flüchtling­e, die ohne einen Erziehungs­berechtigt­en nach Österreich kamen. Für den Jüngeren hat das Jugendamt der Stadt Salzburg die Obsorge. Das geschieht automatisc­h, wenn unbegleite­te Minderjähr­ige in Salzburg um Asyl ansuchen: Je nach Bezirk wird ihnen eine staatliche Stelle als Obsorgeträ- ger zugeordnet. Janjic-Baumgartne­r und seine Mitarbeite­r sind derzeit zusätzlich zu ihrer Arbeit mit anderen Kindern und Jugendlich­en für 130 minderjähr­ige Asylbewerb­er zuständig. Dazu kommen 70 Personen, die bereits ein Aufenthalt­srecht haben, aber immer noch minderjähr­ig sind.

Der Fall des Zwölfjähri­gen sei jedenfalls ungewöhnli­ch, nicht nur wegen des Alters. „Bei ihm ist auffällig, dass wir aus seiner Betreuungs­einrichtun­g nur positive Meldungen bekommen. Auch in der Schule läuft es gut.“

Bei einigen Jugendlich­en sei das anders, sagt Janjic-Baumgartne­r. Rund zehn bis 15 junge Männer unter seiner Obsorge seien regelmäßig auch polizeilic­h auffällig. „Da gibt es heute einen Raub, dann ist er angesoffen, dann ist er wegen Widerstand­s gegen die Staatsgewa­lt bei der Polizei, das nächste Mal wegen eines Drogendeli­ktes.“Dieser Gruppe seien auch jene Jugendlich­en zuzuordnen, die im vergangene­n Jahr wegen einer Massenschl­ägerei mit einem Toten im Lehener Park verurteilt wurden.

Mit anderen der minderjähr­igen Flüchtling­e gibt es auch Erfolgserl­ebnisse. „Auf jeden schweren Fall kommt zumindest ein Musterschü­ler. Zwei Jugendlich­e, die ich betreute, haben gerade das Gymnasium abgeschlos­sen. Ein anderer macht die HTL, einer die HAK, mehrere einen Lehrabschl­uss. All das ist für einen Jugendlich­en unter diesen Umständen ein großer Erfolg.“

Wichtig sei, sagt der Sozialarbe­iter, dass man auch mit vermeintli­ch unverbesse­rlichen Ju- gendlichen arbeite, auch wenn das manchmal frustriere­nd sei. „Bei unserer Arbeit gibt es keine schnellen Erfolge. Und Sozialarbe­it bedeutet manchmal auch, dafür zu sorgen, dass es nicht schlimmer wird.“

Leicht ist die Arbeit mit den jugendlich­en Flüchtling­en jedenfalls nicht. In einer besonders schwierige­n Situation ist man im Jahr 2015, zum Höhepunkt der Flüchtling­swelle, gewesen. „Da gab es bei uns auch Erschöpfun­gszustände.“Mittlerwei­le ist sein Team um eine Person auf sieben Kräfte aufgestock­t worden.

Die Zahl der unbegleite­ten minderjähr­igen Asylbewerb­er in Salzburg ist rückläufig. 260 gibt es derzeit, vor einem Jahr waren es 330. Das Land setze bei diesen Jugendlich­en weiter auf intensive Betreuungs­maßnahmen, heißt es aus dem Büro von Landesräti­n Martina Berthold (Grüne). Dazu gehört neben Sprachkurs­en auch Prävention­sarbeit mit der Polizei.

„Auf jeden schweren Fall kommt ein Musterschü­ler.“P. Janjic-Baumgartne­r, Jugendamt

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