Nachbarn sind gegen Kurdenstaat
Vor Referendum stößt Regionalregierung im Nordirak auf Widerstand.
Mit Straßenfesten und Kundgebungen hat die kurdische Autonomiebehörde am vorigen Wochenende die Bevölkerung auf das für kommenden Montag geplante Unabhängigkeitsreferendum im Nordirak eingestimmt. Bis tief in die Nacht tanzten Zehntausende von Menschen in den Parkanlagen vor der Zitadelle von Erbil. Europäische Beobachter beschrieben die Stimmung als „euphorisch“– was überrascht, wenn man bedenkt, dass nach den USA nun auch die Vereinten Nationen eine Absage oder Verschiebung der Volksabstimmung gefordert haben.
Dass Kurdistan tatsächlich unabhängig wird, ist in absehbarer Zeit nicht zu erwarten, weil die direkten Nachbarn des Binnenlandes nicht nur gegen eine Staatsgründung sind, sondern auch über die Mittel verfügen, um ein unabhängiges und lebensfähiges Kurdistan zu verhindern.
Der Oberste Gerichtshof in Bagdad hat am Montag die Aussetzung des Volksentscheids angeordnet. Der Sekretär des Obersten Nationalen Sicherheitsrats im Iran, Ali Schamkani, drohte mit der Aufkündigung eines Sicherheitsabkommens zwischen der Islamischen Republik und der Kurdischen Regionalregierung (KRG), falls das „illegale Referendum“tatsächlich abgehalten werden sollte. Sein Land habe in diesem Fall das Recht, „weit über die Grenzbezirke hinaus zu intervenieren“. Ähnliche Drohungen kamen aus der Türkei, deren Armee in der an den Irak grenzenden Provinz Schirnak seit Tagen Manöver abhält. Militärischen Druck auf Erbil möchten auch die schiitischen Badr-Milizen ausüben. Die in die irakische Armee eingegliederte Streitmacht will am kommenden Wochenende im Süden der Provinz Kirkuk aufmarschieren, welche die irakischen Kurden als integralen Bestandteil ihres zukünftigen Staates betrachten.
Die ölreiche Region wird allerdings auch von der Regierung in Bagdad sowie der turkmenischen Minderheit in Kirkuk beansprucht, deren Interessen von Ankara wahrgenommen werden.
Die Volksabstimmung werde weder abgesagt noch verschoben, stellte dennoch Kurdenführer Masud Barzani zuletzt klar.