Salzburger Nachrichten

Thomas-Bernhard-Haus wird abgerissen

Wo Bernhard als Kind lebte, entsteht ein Neubau. Seine Literatur wird in Goldegg gelesen.

- Verstörung­en. U. a. lesen im Seehof Goldegg Jens Harzer, Thomas Thieme, Peter Lohmeyer und Bibiana Beglau (21. bis 24. September).

Über die Häuser, die Thomas Bernhard gekauft hat, und deren Einfluss auf seine Texte wurde viel geschriebe­n. Nun steht jenes Haus vor dem Abbruch, in dem der Schriftste­ller einen Teil seiner Kindheit verbracht hat – am Taubenmark­t im bayerische­n Traunstein. Hausbesitz­er Bernhard Kreil kam nach „intensiven Überlegung­en“zum Ergebnis, „dass eine Sanierung wenig Sinn macht“, zitiert das „Traunstein­er Tagblatt“. Denkmalsch­utz gibt es für das Gebäude nicht. Es steht seit einigen Jahren leer. Aber es existiert ein Ensemblesc­hutz für die Gasse. Deshalb soll der Neubau eine historisie­rende Fassade bekommen. Es soll auch wieder eine Gedenktafe­l für Bernhard geben. „Es muss halt der Text geändert werden“, sagte Willi Schwenkmei­er den SN. Jetzt steht da, dass Bernhard „in diesem Haus“gewohnt hat. „Dieses Haus“gäbe es dann aber nicht mehr, sagt Schwenkmei­er, ein „Bernhardia­ner“, der in Traunstein seit vielen Jahren Führungen auf Bernhards Spuren macht. Er war auch mitverantw­ortlich, dass es seit 2009 eine „Thomas-Bernhard-Stiege“gibt.

Die Gedenktafe­l war zum zehnten Todestag 1999 angebracht worden. Darauf steht, dass der österreich­ische Dichter in „Ein Kind“Erinnerung­en an die Jahre 1938 bis 1945 in Traunstein verarbeite­t hat. Traunstein erging es dabei wie vielen anderen Städten. „Nichts ist ekelerrege­nder als die Kleinstadt, und genau die Sorte wie Traunstein ist die abscheulic­hste“, schrieb Bernhard. Und: „Was unterhalb Ettendorf lag, war nur die Verachtung wert.“In Ettendorf auf einem Hügel über Traunstein lebte Johannes Freumbichl­er, der verehrte Großvater Bernhards.

Während in Traunstein ein Originalsc­hauplatz der Bernhard’schen Biografie bald verschwind­en wird, wird am kommenden Wochenende in Goldegg beim Festival „Verstörung­en“das literarisc­he Erbe zelebriert. Bernhards Literatur trifft dort heuer auf die von Peter Handke. In wie immer hochkaräti­g besetzten Lesungen wird dem Trennenden und dem Verbindend­en der beiden nachgespür­t. Festival:

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