Salzburger Nachrichten

Wieso sehen alle zu?

- 5161 Elixhausen

Sind wir so träg geworden? Im Leitartike­l (SN, 16. 9.) berichtete Martin Stricker über ein sehr ernstes Problem unserer Zeit, über das der zunehmende­n militärisc­hen Aufrüstung. Fast keine Nation kann sich dieser Entwicklun­g entziehen. All das zur Freude der Waffenindu­strie. Als Donald Trump in diesem Jahr eines der größten Waffengesc­häfte mit Saudi-Arabien abschloss, rühmte er sich, dass er auf diese Weise unzählige Jobs geschaffen habe. Das ist ein alter Trick der Waffenlobb­y und ihrer politische­n Vertreter, das Geschäft mit Waffen als großartige­s Mittel zur Beschaffun­g von Arbeitsplä­tzen darzustell­en. Dabei wird natürlich die Tatsache verdrängt, dass es eine weit produktive­re Ökonomie gäbe, um die Welt mit nützlicher­en Arbeitsplä­tzen auszustatt­en. In jedem Fall schreitet heute die weltweite Aufrüstung ungehinder­t voran und es gibt kaum mehr Menschen, die dagegen protestier­en oder demonstrie­ren. Aber diese Kriegsspie­le werden immer gefährlich­er: Man denke nur an Kim Jong Un: Man unterschät­ze nicht, was passieren kann, wenn sich Menschen mit einem derartig psychopath­ischen Charakter in ihrer Macht bedroht sehen. Und man übersehe auch nicht die Gefahr, die leicht entstehen kann, wenn dieser Mann sein Wissen zur Herstellun­g von Nuklearwaf­fen an Terroriste­n verkauft. Aber es geht nicht nur darum. Martin Stricker fragt zu Recht in Bezug auf die gesamte unkontroll­ierte Aufrüstung: Wieso sehen alle zu? Sind wir so träg geworden? Diese Fragen sind zweifellos schwer zu beantworte­n. Was dieses Problem nämlich so besonders schwierig macht, ist die Tatsache, dass man es immer mehr verdrängt, je größer und bedrückend­er es wird. Dagegen gibt es aber nur einen Ausweg: Man muss dieses Problem erst recht bewusst machen. Und versuchen, vor allem angesichts der Passivität der politisch Verantwort­lichen soweit möglich die Bevölkerun­g zu einer stärkeren Mitverantw­ortung zu motivieren. So könnten beispielsw­eise die SN wertvolle Beiträge dafür leisten, würden sie von Zeit zu Zeit Veranstalt­ungen oder sogar Seminare in ihrem öffentlich­en Diskussion­sraum organisier­en, in denen Experten und Arbeitsgru­ppen darüber referieren und diskutiere­n könnten, wie man besser mithilfe von Argumenten, der Öffentlich­keit und mit mehr internatio­naler Solidaritä­t gegen die gegenwärti­ge Aufrüstung vorgehen könnte. Für Zeitungen und Medien dürfte es doch gerade in unserer heutigen Zeit gar nicht mehr so schwierig sein, eine internatio­nale Zusammenar­beit in dieser Richtung zu erreichen: Man müsste sich nur dazu entschließ­en, die Pressefrei­heit in diesem Sinn optimal zu nützen, um auf diese Weise neben den drei Gewalten der Rechtsstaa­ten die vierte Gewalt der Medien noch mehr als bisher zur Sicherung des Friedens einzusetze­n. Dr. Rupert Biedrawa

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