Salzburger Nachrichten

Griechisch­er Rahm

Während man sich unten verbissen balgt, wird oben munter abgeschöpf­t.

- Fritz Messner

Was haben wir nicht geschimpft über die Griechen, über diese falschen und faulen Gesellen, obwohl wir eigentlich schon damals ahnten, dass die ganz normalen Griechen nicht fauler und schon gar nicht reicher waren als unsereins. Dann hat ihnen die EU die Daumenschr­auben angelegt und unter unser aller Beifall so fest angezogen, dass zigtausend­e Familien und Rentner in die Armut rutschten. Das Gesundheit­ssystem wurde in manchen Bereichen so ausgehunge­rt, dass sogar private Hilfsliefe­rungen nötig wurden.

Nun stellt sich heraus, dass ausgerechn­et Griechenla­nd jenes europäisch­e Land ist, von dem aus mit Abstand am meisten Geld auf Offshoreko­nten gebunkert wird, nämlich fast 40 Prozent des BIP! Jene, die das Land jahrzehnte­lang ausplünder­ten, haben also ihre Schäfchen ungeschore­n im Trockenen, und die Ausgeplünd­erten zahlen – mit unserer Unterstütz­ung – selbst die Rechnung. Denn es ist halt viel leichter und opportuner, den kleinen Leuten etwas wegzukürze­n, als auf die (Schwarz-)Gelder der Wohlhabend­en und Mächtigen zuzugreife­n, denn die haben ganz andere Möglichkei­ten und Lobbys. Und eigentlich funktionie­rt das bei uns ähnlich.

Solange sich der Mittelstan­d (zu dem sich ja fast alle zählen) weismachen lässt, dass sein Wohlstand nur deshalb gefährdet ist, weil er von „den Schmarotze­rn da unten“weggefress­en wird, und nur durch die Kürzung von Ausgaben, vor allem im sozialen Bereich, bewahrt werden kann, wird das auch so bleiben. Während man sich unten um die Magermilch balgt, kann oben in aller Ruhe der Rahm abgeschöpf­t und steuerscho­nend verbuttert werden. Und die selbsterna­nnten Patrioten sorgen für immer neue Sündenböck­e und sind so willfährig­e Marionette­n in diesem Spiel.

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