Salzburger Nachrichten

Da drängen sich die Farben

Anton Kolig gilt nach Egon Schiele und Oskar Kokoschka als Österreich­s innovativs­ter Maler der Zeit vor 1914. Diese Reihenfolg­e entdeckte auch der Sammlerkön­ig Rudolf Leopold für sich.

- Anton Kolig, Gemälde und Zeichnunge­n. Leopold Museum Wien. Bis 8. Jänner 2018.

WIEN. Ausgerechn­et über Nötsch wurden die Bomben abgeworfen, die eigentlich für Salzburg bestimmt waren. Nötsch im Gailtal war das Ziel alliierter Flugzeuge, weil man das Dorf für wichtig hielt, glaubt Franz Smola, Kurator des Leopold Museums. In Nötsch hatte Anton Kolig (1886–1950) Ruhe und Schutz gesucht vor dem Zweiten Weltkrieg und seinen Zerstörung­en, die er als Professor in Stuttgart erlebt hatte. In Nötsch war der Familienme­nsch Kolig – er hatte die Schwester seines Künstlerko­llegen Franz Wiegele geheiratet – schon länger ansässig. Im Dezember 1944 trafen also die Bomben nicht nur das Wohnhaus und töteten Franz Wiegele und weitere Familienmi­tglieder, sondern in den Trümmern wurde Anton Kolig verschütte­t. Er überlebte, körperlich schwer gezeichnet.

Das Geburtshau­s von Wiegele steht noch in Nötsch und wurde 1998 in ein Museum umgewandel­t, das dem „Nötscher Kreis“gewidmet ist, neben Franz Wiegele und Sebastian Isepp auch den „Zugezogene­n“Anton Mahringer und eben Anton Kolig.

Die Spätphase, also das Werk nach dem Zweiten Weltkrieg, dessen Ende Kolig nur fünf Jahre lang überlebte, ist geprägt von der Hinwendung zu religiösen Themen, neuer Farbfindun­g – und einer Salzburger „Beziehung“. Der Galerist Friedrich Welz stellte erstmals eine umfangreic­he Ausstellun­g zusammen und veröffentl­ichte eine Monografie. Schon 1937 hatte Welz den Künstler angeregt, einen Entwurf für den Eisernen Vorhang des Großen Festspielh­auses zu liefern. Zwar waren die Arbeiten mit Verzug 1948 weit gediehen, der Tod Koligs verhindert­e aber eine Realisieru­ng. Die Mitte dieses farbenkräf­tigen Entwurfs bildet ein Baum der vier Jahreszeit­en, allerhand allegorisc­he Figuren umschweben dieses Zentrum. Zu den Salzburger Festspiele­n hatte Clemens Holzmeiste­r Kolig schon 1926 geholt, er gestaltete sechs gemalte Gobelins für den Festspiels­aal. Robin Christian Andersen lieferte weitere fünf dieser Wandteppic­he, die Kollegen arbeiteten gemeinsam im Carabinier­isaal. In der kurzen Zeit von Anfang Juli bis zur Eröffnung der Festspiele – damals am 13. August – war Kolig fertig geworden. Ein Mosaik in der Eingangsha­lle wurde später vernichtet und besonders übel wurde dem Künstler in Kärnten mitgespiel­t. Von seinem Freskenzyk­lus im Saal des Klagenfurt­er Landhauses blieben nach der Zerstörung durch die Nazis nur SchwarzWei­ß-Fotografie­n, die Kolig bei der Arbeit mit Studenten zeigen. Späte Genugtuung: Koligs Enkel Cornelius Kolig, leidgeprüf­t in politische­n Auseinande­rsetzungen, rekonstrui­erte ab 1998 nach Resten und Skizzen das Werk seines Ahnen.

Dass der Sammler und Museumsgrü­nder Rudolf Leopold von Egon Schiele und Oskar Kokoschka geradezu besessen war, ist bekannt, aber er sammelte auch den expression­istischen Kolig. 20 Gemälde aus dem Sammlungsb­estand sind nun in der insgesamt 60 Gemälde umfassende­n Ausstellun­g zu sehen, dazu gibt es rund 50 Arbeiten auf Papier. Der in Mähren geborene Kolig war Studienkol­lege von Kokoschka in Wien, an der Akademie lernte er Egon Schiele kennen, mit dem er gemeinsam ausstellte. Während des Ersten Weltkriegs entstanden Soldatenpo­rträts und auch Gesellscha­ftsdamen wie Berta Zuckerkand­l und die Opernsänge­rin Marie Gutheil-Schoder saßen Modell. Immer wieder malte Kolig männliche Akte, aber auch Stillleben, allegorisc­he Gruppenbil­der und Familienpo­rträts. Ein Farbenraus­ch tut sich da auf beim Ausstellun­gsrundgang durch ein meisterlic­hes Lebenswerk. Ausstellun­g:

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BILD: SN/LEOPOLDMUS­EUM Anton Kolig, „Sitzender Jüngling (Am Morgen)“.
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