Das Dritte Lager als lachender Dritter?
Warum HC Strache derzeit so besonders gelassen auftritt und neuerdings lieber mit dem Florett als mit dem Bihänder wahlkämpft – auch wenn ihm der verbale Bihänder dann wie jüngst im SN-Saal doch immer wieder auskommt.
SALZBURG. Donnerstagabend, als die wechselseitigen Schmutzkübelvorwürfe zwischen ÖVP und SPÖ gerade wieder heftig eskalierten, war ein recht zurückgelehnter und relaxter FPÖ-Chef zu Gast im Saal der Salzburger Nachrichten. Im Gespräch mit SN-Chefredakteur Manfred Perterer sah sich Heinz-Christian Strache nicht unbedingt als „lachender Dritter“des rot-schwarzen Schlammcatchens. Zum Lachen habe man da wenig, meinte Strache. Er befürchte, dass die SPÖ schon länger mit solchen Methoden arbeite. Er selbst erlebe Dirty Campaigning über die gesamten zwölf Jahre seiner Obmannschaft. Strache verwies auf die „HC negativ“-Seite auf Facebook oder die falsche „Wir für Norbert Hofer“-Seite im HofburgWahlkampf. Von nicht berechtigten Personen fabrizierte falsche FanSeiten müssten auch im Hinblick auf künftige Wahlkämpfe, wenn sie gemeldet würden, von Facebook eingestellt werden, so Strache.
Das gelassene und ruhige Auftreten versucht der FPÖ-Chef bewusst beizubehalten, wie er einräumte: „Manchmal ist es besser, das Florett auszupacken und nicht mehr so oft den Bihänder“, um später, als ihm von einem SN-Leser vorgehalten wurde, mit dem SPÖ-Chef in TVDiskussionen zu sehr gekuschelt zu haben, wie auf Knopfdruck auch gleich wieder die – früher von ihm gewohnten – etwas herberen Wuchteln auszupacken. „Auf einen Toten hinzutreten ist net schön. Ich habe den Kern inhaltlich zerlegt – nicht mit dem Bihänder, mit dem Florett.“Und wenn der ÖVP-Chef gesagt habe, der durchschnittliche Zuwanderer sei intelligenter als wir Österreicher. „Da sag ich: Herr Kurz, schließen Sie bitte nicht von sich auf die österreichische Bevölkerung“, setzte der FPÖ-Chef nach. Und meinte Richtung Peter Pilz: „Es braucht auch einen Giftpilz in der österreichischen politischen Landschaft. Aber er ist und bleibt ein Marxist.“Zur neuen Konkurrenz durch den ehemaligen Parteifreund Karl Schnell (FLÖ) fiel Strache nur ein: „Wer ist des?“und sprach von der „Floh-Liste“, die sich „im Promillebereich“abspiele.
Wesentlich größere Hoffnung setzt Strache da schon in die Salzburger FPÖ-Spitzenkandidatin Marlene Svazek, die er zwar als ministrabel bezeichnet, die aber nicht für die Bundesregierung vorgesehen sei, sondern vielleicht einmal „eine tolle Landeshauptfrau“in Salzburg werde. Zur möglichen blauen Regierungsriege hatte Strache neben den oft genannten Ministerkandidaten Norbert Hofer, Herbert Kickl und Petra Steger einen neuen Namen als unabhängigen Justizminister auf einem FPÖTicket zu bieten: den durch eine Zeitungskolumne bekannt gewordenen Anwalt Tassilo Wallentin.
Strache befürchtet aber, dass nach elf Jahren Rot-Schwarz Schwarz-Rot die Fortsetzung sein werde. „Man will die SPÖ demütigen, man will Kern loswerden. Doskozil steht schon in der Warteschleife. Der versteht sich sehr gut mit Kurz.“– Außer die FPÖ werde so stark, dass Schwarz-Rot keine Mehrheit habe.
Inhaltlich hob Strache das Vorhaben der FPÖ heraus, die parlamentarische Demokratie durch direkte Demokratie weiter auszubauen und zu vertiefen. Das Volk solle künftig alle Beschlussfassungen des Parlaments nach dem Vorbild der Schweiz direktdemokratisch korrigieren können. Aktuell mögliche Volksbegehren seien nur ein „pseudohaftes direktdemokratisches Instrument“, ohne jegliche Rechtsverbindlichkeit, das stets zu einem „Begräbnis erster Klasse“bei der Behandlung im Parlament führe.
Die Zwangsmitgliedschaft bei den Kammern will Strache abschaffen. Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer sollten wie ÖAMTC und ARBÖ Serviceleistungen anbieten. Wenn die Serviceleistung passe, würden die Menschen auch freiwillig ihren Mitgliedsbeitrag zahlen. Strache ist überzeugt, dass bei einer von der FPÖ angestrebten Volksabstimmung die überwiegende Mehrheit Nein zu den Zwangsmitgliedschaften sagen würde. Dies wäre laut Strache auch bei einer Volksabstimmung über ORF„Zwangsgebühren“, die die FPÖ auch abschaffen will, der Fall.
Und da er generell gegen Zwang in einer Gesellschaft auftrete, lehne er das allgemeine Rauchverbot in der Gastronomie, das im Frühjahr in Kraft treten solle, ab. „Ich verspreche, wenn wir so stark werden, dass wir in Regierungsverantwortung sind, dass das gute jetzt aufrechte Gesetz bleibt und nicht das allgemeine Rauchverbot in Kraft tritt.“
Die deutschen Grenzkontrollen am Walserberg mitsamt ihren negativen Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft sind für Strache eine wirkungslose „PlaceboGeschichte“. „Aber würden wir unsere Südgrenzen kontrollieren, würden die Deutschen den Walserberg nicht kontrollieren.“Strache spricht von einer „Kette des Versagens“, die bei den seit Jahren ungeschützten EU-Außengrenzen beginne. Und damit, dass man Menschen vor Libyen abfange und 350 Kilometer nach Europa bringe, setze man weltweit ein Signal: „Probiert es, und wir bringen euch nach Europa!“Gegen die Mindestsicherung für Asylberechtigte, die keinen Tag in Österreich gearbeitet hätten, wetterte Strache erneut massiv.
Europapolitisch denkt der FPÖChef über eine enge Zusammenarbeit – „vielleicht sogar eine Mitgliedschaft“– mit den VisegradStaaten nach, „damit nicht immer Merkel und Co. ausschnapsen, was in Europa passiert“.
Von einem Schüler auf häufig vorkommende rechtsextreme und antisemitische Ausritte und Auftritte von FPÖ-Mitgliedern angesprochen, sprach Strache von Dirty Campaigning gegen seine Partei, in der Antisemitismus und Nationalsozialismus nichts verloren hätten – und konnte sich eine weitere eingelernte Wuchtel nicht verkneifen: „Wir sind mit Sicherheit nicht rechtsextrem, aber wir haben in vielen Bereichen extrem recht.“