Wenn Lyndon B. Johnson schon Facebook gehabt hätte . . .
Natürlich ist auch Dirty-Campaigning-mäßig alles schon mal da gewesen. Aber das ist jetzt natürlich auch kein Trost mehr.
Kleines Vorwahlrätsel: Unser Mann wurde, ohne gewählt worden zu sein, Regierungschef, machte dann eine schmutzige Wahlkampagne – samt Verleumdung des Gegners, eines Stabs von Dunkelmännern und ins gegnerische Team eingeschleuster Maulwürfe – und holte sich dann den höchsten Wahlsieg der Geschichte.
Wer ist’s und warum? Die naheliegenden Antworten: Jedenfalls kein Österreicher. Und: Weil er Dirty Campaigning offenbar etwas geschickter betrieb als unsere heimischen Amateur-Wahldunkelmänner.
Der demokratische US-Politiker Lyndon B. Johnson, LBJ, der nach der Ermordung Kennedys 1963 ins Amt kam und 1964 gegen den Republikaner Barry Goldwater kandidierte, ist damit hoffentlich nicht zum Vorbild für spätere österreichische Schmutzwahlkämpfe geworden. Oder doch? Johnsons 1964er-Kampagne gilt trotz Nixons Watergate-Misere als der schmutzigste Wahlkampf der Geschichte, obwohl Tal Silberstein – interessanterweise – erst 1969 auf die Welt kam, aber vielleicht hat der Mann ja auch sein Geburtsdatum gefakt.
Gut, Goldwater hat sich damals teilweise selbst geschlagen, als er sich für den Einsatz taktischer Nuklearwaffen durch Front-Offiziere aussprach. Aber LBJ ging auf Nummer sicher und schuf eine 16-köpfige Agententruppe, die „Anti-Kampagne“oder „Der Fünf-Uhr-Klub“, die die öffentliche Wahrnehmung Goldwaters massiv negativ beeinflussen sollte. Sie schrieben gefälschte Leserbriefe und schleusten einen CIA-Agenten in die republikanische Wahlkampfzentrale ein. Goldwater wunderte sich damals, dass das Weiße Haus jede Maßnahme, die er setzte, sofort konterkarieren konnte. Johnson fütterte die Presse über seine Leute gezielt mit irreführenden Infos über die Goldwater-Kampagne und kam zu dem Schluss, „Journalisten sind Marionetten“. „Der FünfUhr-Klub“brachte zudem nicht nur ein Witzbuch über Goldwater mit dem Titel „Man kann sich zu Tode lachen“heraus, sondern auch ein Kinder-Malbuch, in dem man Goldwater in einer Ku-Klux-Klan-Kutte ausmalen konnte. Stellt sich nur mehr die Frage, was der „FünfUhr-Klub“alles angestellt hätte, wenn es anno Goldwater Facebook schon gegeben hätte. Vermutlich: „Die Wahrheit über Barry Goldwater“.
Dirty Politics fangen vielleicht im Kleinen an. Eine Redenschreiberin Lyndon Johnsons plauderte 80-jährig aus der Schule. Demnach ging LBJ mit ihr einen Redeentwurf durch. Der Präsident stolperte dabei über ein Zitat des Philosophen Aristoteles. „Aristoteles!“, fauchte LBJ. „Die Leute wissen doch nicht, wer zum Teufel Aristoteles ist.“Johnson zückte seine Füllfeder und schrieb vor das Zitat: „Wie mein geliebter alter Vater zu sagen pflegte.“