Aus der Seilbahn muss eine Bar werden
Weil’s vom Wetter passt, schon einmal ein Vorgeschmack auf den Winter.
Lindsey Vonn schaut mich von der Titelseite an. Da fröstelt’s mich, weil die Lindsey ist eine Wintersache, auch wenn sie sich gern auszieht. Und mir ist da jetzt schon wieder ein bisschen zu viel vom Winter die Rede mitten im Oktober. Im Supermarkt hat man uns ja schon erfolgreich daran gewöhnt, dass unmittelbar nach Schulbeginn Lebkuchen und Spekulatius im Regal daran erinnern, dass in neun, zehn Wochen Weihnachten schon wieder vorbei ist. Vorbereitung ist das halbe Leben und das Leben ist ein Geschäft. Darum wird auch in den Skigebieten im Sommer gebaut und gewerkt. Im Winter muss alles funktionieren. Und schön langsam beginnt es ja auch herunter zu schneien. Ein guter Zeitpunkt also zu berichten, wie sich die Skigebiete für den Winter rüsten, wie sich die Schneeindustrie vorfreut. Da findet man dann in Jubelberichten über Millionenausgaben und über Mega-Fusionen, durch die Mega-Skigebiete entstehen, so schöne Sätze wie diesen: „Die Berge sind in Tirol immer wieder Orte der Innovation.“Die Berge sind nämlich wilde Hund’, die wollen innovativ hergerichtet werden.
Das klingt ein bisschen nach dem Satz vom Krieg, über den gesagt wird, er sei die Mutter aller Dinge. Wenn das 500 Jahre vor Christus schon in einem Fragment des griechischen Philosophen Heraklit auftaucht, dann kann es für die Visionäre der alpinen Unterhaltungskultur ja nur recht sein. Weil es ist ja schon ein rechter Kampf um die Gunst der Gäste.
Diese Gäste wollen ja jedes Jahr was Neues. Und oft ist da dann der Naturschutz dagegen oder eine Lawinenverbauung steht dem Erweiterungszwang von Seilbahnern und Gästemaximierern im Weg. Also wird der Innovationsgeist immer öfter in das Rundherum gepulvert. In Sölden zum Beispiel bauen sie auf gut 3000 Meter Seehöhe eine Kinoinstallation, weil ja dort der James Bond Streifen „Spectre“gedreht wurde. Anderswo werden die Lifte immer schneller, die Liftsitze immer raffinierter beheizt und manche Gondel lernte auch das Sprechen. Da wird per Lautsprecherbox ungefragt über Fauna und Flora informiert. Das sind alles schöne Dinge, die ich als Freund des Wissens und mehr noch der Bequemlichkeit schätze. Beim Sinnieren über den Winter aber tauchte doch eine Frage auf: Warum kam noch keiner drauf, in den Gondeln einer Seilbahn Minibars einzurichten? Eine Kinoinstallation im Schnee mag gut und schön sein, aber mit einer Minibar in der Gondel ließen sich der Winter und die innovativen Berggestalter durchaus besser ertragen.