Wie funktioniert eine Wahl zum Nationalrat?
6,4 Millionen Österreicherinnen und Österreicher werden am 15. Oktober zu den Urnen gerufen. Ein dichtes Regelwerk stellt sicher, dass dabei alles mit rechten Dingen zugeht.
Seit Wochen dominiert der Wahlkampf das politische Leben Österreichs. Aufregung gab es genug: von der Anti-Terror-Mauer vor der Hofburg bis zur Dirty-Campaigning-Affäre. Aber wie läuft der 15. Oktober eigentlich ab? Eine Zusammenfassung.
1.
183 Abgeordnete, die in den nächsten fünf Jahren im Nationalrat Gesetze erarbeiten, beschließen oder ändern und die Regierung mit Anfragen oder Untersuchungsausschüssen kontrollieren können. Die Parteien, die auf dem Stimmzettel zur Wahl stehen, nominieren die Kandidaten auf den vor der Wahl festgelegten Listen. Um bei der Verteilung der Mandate dabei zu sein, muss eine Partei mindestens vier Prozent österreichweit oder ein Grundmandat in einem Regionalwahlkreis bekommen.
2.
Bei der Nationalratswahl darf jeder österreichische Staatsbürger wählen, der spätestens am Wahltag (15. Oktober) 16 Jahre alt wird – das sind mehr als 6,4 Millionen Personen. Einzige Ausnahme: Der Richter kann rechtskräftig Verurteilten das Stimmrecht entziehen, wenn sie wegen einer vorsätzlichen Tat mehr als fünf Jahre Freiheitsstrafe bzw. mindestens ein Jahr wegen eines gegen den Staat gerichteten Deliktes ausgefasst haben.
3.
Zehn Parteien treten in ganz Österreich zur Wahl an: die SPÖ, die ÖVP, die FPÖ, die Grünen, die Neos, die Liste Pilz, die Liste G!LT, die Freie Liste Österreich (FLÖ), die KPÖ und Die Weißen.
In Wien und Oberösterreich stellen sich zusätzlich zur Wahl: die Sozialistische Linkspartei (SLP), in Wien außerdem die Liste EUAUS mit dem Spitzenkandidaten Robert Marschall und die Liste Obdachlose in der Politik. In Vorarlberg stehen noch die Männerpartei, die Neue Bewegung für die Zukunft und die Christliche Partei Österreichs (CPÖ) auf dem Programm.
4.
Nein. Seit dem Jahr 1992 besteht keine Wahlpflicht für die Nationalratswahl mehr. Bis dahin hatten einige Bundesländer eine solche mit Landesgesetzen verordnet.
5.
Seit Einführung der Briefwahl eigentlich überall – aber nur mit einer Wahlkarte. Ohne eine solche geht es nur am 15. Oktober in Ihrem Wahllokal am Wohnort. Mit einer Wahlkarte kann man die Stimme schon vorher abgeben, per Post, aber auch bei den Bezirkswahlbehörden – und auch am 15. Oktober in einem Wahllokal oder zu Hause im Bett, wenn man gehunfähig ist und eine „fliegende Wahlbehörde“beantragt hat.
6.
Bei der Auszählung, die im Wahllokal stattfindet, dürfen die Wähler nicht anwesend sein. Die Nationalratswahlordnung schreibt vor, dass das Wahllokal für die Auszählung geschlossen werden muss. Dabei sein dürfen nur die Mitglieder der Wahlbehörde (Wahlleiter, Beisitzer), ihre Hilfsorgane, die Vertrauenspersonen und die Wahlzeugen der Parteien – und Wahlbeobachter von der OSZE.
7.
Um 17.00 Uhr, wenn die letzten Wahllokale geschlossen haben. Viele Wahllokale vor allem im ländlichen Raum schließen zwar schon früher, aber auch deren Ergebnisse dürfen nicht vorher veröffentlicht werden. Darauf hat der Verfassungsgerichtshof gepocht: Selbst die Weitergabe an Medien und Meinungsforschungsinstitute vor Wahlschluss ist den Wahlbehörden jetzt streng verboten.
8.
Für einen ersten Trend werden alle bis dahin ausgezählten Sprengel/Gemeinden/Bezirke/Wahlkreise/Länder zusammengezählt. Liegen noch nicht sehr viele Ergebnisse vor und stammen diese nur aus kleinen Gemeinden, kann man daraus kaum Rückschlüsse auf das Gesamtergebnis ziehen. In Hochrechnungen wird genau dies versucht – indem mittels komplexer Modelle aus der Entwicklung in ausgewählten kleinen Gemeinden die Entwicklung in größeren Gemeinden und auch in anderen Bundesländern abgeschätzt wird.
9.
Am Wahlabend verkündet der Innenminister – meist um 19.30 Uhr – ein vorläufiges Endergebnis. In diesem fehlen aber noch die Briefwähler und die sonstigen Wahlkarten. Die Briefwahl wird am Montag nach der Wahl ausgezählt, damit ist der größte Teil der Stimmen ausgewertet. Steht es ganz knapp, muss man bis Donnerstag warten: Dann wird noch ein (nicht allzu großer) Teil der Stimmen ausgezählt, nämlich jene, die mit Wahlkarten beziehungsweise Briefwahl am 15. Oktober in „fremden“Wahlkreisen abgegeben wurden.
10
Eine wahlwerbende Partei braucht mindestens vier Prozent der Stimmen österreichweit, um in den Nationalrat einzuziehen – oder ein Direktmandat in einem Wahlkreis. Die 183 Mandate werden im Verhältnis der Bevölkerung auf die Bundesländer aufgeteilt, dort werden sie dann den 39 Regionalwahlkreisen zugeordnet.
11
Bei der Nationalratswahl im Jahr 2013 erreichte die SPÖ 26,8 Prozent der Stimmen (2,4 Prozentpunkte minus), die ÖVP 24,0 Prozent der Stimmen (minus zwei Prozentpunkte), die FPÖ 20,5 Prozent (plus drei), die Grünen kamen auf 12,4 Prozent der Stimmen (plus zwei), das Team Stronach zog mit 5,7 Prozent der Stimmen ebenso in den Nationalrat ein wie die Neos mit fünf Prozent. Das BZÖ war nach dieser Wahl nicht mehr im Nationalrat vertreten. In Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Niederösterreich wurde die ÖVP die stärkste Partei, im Burgenland, in Wien, Oberösterreich und Kärnten die Sozialdemokraten und in der Steiermark die Freiheitlichen.
Was wird am 15. Oktober eigentlich gewählt? Wer darf wählen? Wen kann man wählen? Muss man wählen gehen? Wo kann man wählen? Wo und wie werden die Stimmen ausgezählt? Wann kann man die ersten Ergebnisse erfahren? Wie werden die Hochrechnungen erstellt? Wann steht das endgültige Ergebnis fest? Was ist die Vier-Prozent-Hürde? Wie gingen die letzten Wahlen aus?