Die Gesichter der Parteien
Zehn Listen mit 13 Spitzenkandidatinnen und -kandidaten treten bei der Nationalratswahl österreichweit an. Wer sind die Frauen und Männer, die von Wahlplakaten lachen und ihre Parteien in der Öffentlichkeit repräsentieren?
Programme und Inhalte sind das eine, Spitzenkandidatinnen und -kandidaten das andere. Wer an der Spitze einer Partei steht, ob er oder sie sympathisch, kompetent und bürgernah wirkt, das kann eine Wahl entscheiden. Die Parteien geben sich daher alle Mühe, ihre Spitzenleute im besten Licht darzustellen. Im Folgenden ein Überblick über die Menschen, die ihrer Partei ein Gesicht geben. 1. SPÖ Christian Kern Man kann ihn als smart, höflich und ambitioniert beschreiben. Eines ist er aber auf jeden Fall: die letzte Chance der SPÖ, bei der bevorstehenden Nationalratswahl nicht im politischen Nirwana zu versinken. Der ehemalige ÖBB-Chef, der als Kind „kleiner Leute“, wie er selbst immer wieder betont, im Wiener Bezirk Simmering aufgewachsen ist, hat sich zum Ziel gesetzt, die SPÖ und Österreich zu modernisieren. Mit dem „Plan A“legte der 51-Jährige die Grundzüge dafür vor. Anfang dieses Jahres schien es noch so, als ob ihn politisch niemand stoppen könnte – bis Reinhold Mitterlehner ging und Sebastian Kurz die ÖVP-Führung übernahm. Seither muss Kern kämpfen, um den Absturz der Sozialdemokratie zu verhindern. Kern ist zum zweiten Mal verheiratet und hat drei Kinder. 2. ÖVP Sebastian Kurz Wer mit 24 Staatssekretär und mit 27 Außenminister ist, für den ist es nur konsequent, sich mit 31 um das Amt des Regierungschefs zu bemühen. Auf dem Weg dorthin hat Sebastian Kurz heuer die normalerweise kaum zu bändigende ÖVP völlig umgebaut und alle Macht in seiner Hand konzentriert. In der Zuwanderungspolitik setzte der Sohn einer Lehrerin und eines HTL-Ingenieurs früh auf einen restriktiven Kurs.
Mit dem Drehen der öffentlichen Meinung beim Migrations- und Flüchtlingsthema kam die Zeit der politischen Ernte, die am 15. Oktober ihren Höhepunkt erreichen könnte. In den Umfragen liegt Sebastian Kurz weiter stabil voran. Im Wahlkampf hat er bisher gröbere politische Fehler vermeiden können und peinliche Auftritte aus JVP-Zeiten (Stichwort: Geilomobil) liegen zu weit zurück, als dass sie ihn heute noch wirklich angreifbar machen könnten. 3. FPÖ Heinz-Christian Strache Vom mit 21 Jahren jüngsten Bezirksrat Wiens hat es Heinz-Christian Strache (48) zum mit Abstand Längstdienenden der aktuellen Parteichef-Riege geschafft. Der gelernte Zahntechniker wuchs in einfachen Verhältnissen in Wien-Landstraße auf und wurde nach einem jugendlichen Zwischenspiel in der ganz rechten (Wehrsport-)Szene bald zum blauen Hoffnungsträger. Erst im 3. Bezirk, dann in Wien, schließlich, als sich Jörg Haider von der FPÖ lossagte, in der Bundes-FPÖ, die Strache 2005 übernahm. Mit einem straffen Rechtskurs hat er die Wahlergebnisse der FPÖ wieder verbessert und 2013 bei der Nationalratswahl 20,5 Prozent und bei den Wiener Wahlen, bei denen Strache als FPÖ-Spitzenkandidat antrat, 30,8 Prozent erreicht. Der daraufhin auch von sehr guten Umfrageergebnissen getragene Kanzlertraum Heinz-Christian Straches war aber bald wieder ausgeträumt, nachdem Sebastian Kurz, als er ÖVP-Chef wurde, ihm vor allem beim Migrationsthema nachhaltig den Wind aus den Segeln genommen hatte. 4. Grüne Ulrike Lunacek Es war nicht gerade die erfolgreichste Zeit für die Grünen, als Ulrike Lunacek (60) 1995 zum Parlamentsklub stieß. Für ihre Partei, die seinerzeit noch gegen den Beitritt zur Europäischen Union gewettert hatte, saß Lunacek erst im österreichischen und später im Europäischen Parlament. Dort war sie zuletzt sogar Vizepräsidentin, jetzt soll sie für die Grünen als Spitzenkandidatin die Kohlen bei der Nationalratswahl aus dem Feuer holen. In die Politik gefunden hat die gebürtige Kremserin, die in Wien aufgewachsen ist, vor allem über eine mehrmonatige Reise durch Südamerika, die sie als Studentin unternommen hat. Fortan befasste sie sich mit Entwicklungspolitik und Frauenrechten, zwei der Kernthemen ihrer politischen Arbeit. Im Europaparlament war Lunacek außerdem außenpolitische Sprecherin der Grünen und hat sich als Berichterstatterin zum Kosovo einen Namen gemacht. Matthias Strolz (44) wuchs im Klostertal in Vorarlberg auf. Das Tal wurde ihm bald zu eng. Er studierte in Innsbruck und wurde ÖH-Vorsitzender, schon während seines Doktoratsstudiums Coach und Seminarleiter, war Trainee bei der Industriellenvereinigung und Mitarbeiter des aus Vorarlberg stammenden ÖVP-Politikers Karlheinz Kopf, bis es ihm auch in der ÖVP zu eng wurde. 2001 machte er sich mit einem Consultingunternehmen selbstständig. Im Oktober 2012 gründete Strolz die Neos, die vor allem aus den Restbeständen des Liberalen Forums und von versprengten ÖVP-Sympathisanten Zulauf erhielten. Bei der Nationalratswahl 2013 erreichten die Neos auf Anhieb fünf Prozent. Die ehemalige OGH-Präsidentin Irmgard Griss hat 2016 als unabhängige Kandidatin bei der Bundespräsidentschaftswahl stolze 18,9 Prozent erreicht und soll den Pinken jene Zehntelprozentpunkte bringen, die sie erneut über die Vier-Prozent-Hürde heben. 6. Liste Pilz Peter Pilz Als er in den Nationalrat einzog, lag Sebastian Kurz noch in den Windeln. Seit 1986 gehört Peter Pilz dem Parlament an – ein politisches Urgestein also. Der 1954 geborene Kapfenberger erfuhr seine politische Sozialisation bei der Gruppe Revolutionärer Marxisten und kam über die Sozialistische Jugend zur Gründungsmannschaft der Grün-Alternativen. In diversen parlamentarischen Untersuchungsausschüssen machte er sich einen Namen als Aufdecker. 2002 zählte er bei den Grünen zu den wenigen Befürwortern einer Koalition mit der Schüssel-ÖVP. In den letzten Jahren kam es zu einer Entfremdung zwischen Pilz und den Grünen, da er für einen islamkritischeren Kurs eintrat. 7. KPÖ plus Mirko Messner & Flora Petrik Mirko Messner, 68, promovierter Slawist, leitet die KPÖ seit 2006. Damit führte der Publizist die Kommunisten bereits drei Mal in eine Nationalratswahl. Der Erfolg blieb bescheiden, das beste Ergebnis gab es 2013 mit 1,03 Prozent. Diesmal will der Kärntner Slowene – geboren wurde er Ende 1948 im damals jugoslawischen Slovenj Gradec – das Kunststück schaffen, die Kommunisten wieder in den Nationalrat zu bringen, aus dem sie vor fast 60 Jahren flogen. Seine Mitstreiterin ist die ExChefin der von der Mutterpartei verstoßenen Jungen Grünen, Flora Petrik. Diese wird im November 23, ist gebürtige Burgenländerin und studiert in Wien Bildungswissenschaften. 8. FLÖ Karl Schnell & Barbara Rosenkranz Karl Schnell (63) und Barbara Rosenkranz (59), das sind Urgesteine der Innenpolitik und des nationalliberalen Lagers. Der Arzt Schnell war Salzburger Landesrat und FPÖChef, wurde nach Querelen aber aus der Partei ausgeschlossen. Der gebürtige Pinzgauer gründete die Freie Liste Salzburg (FSL) und kandidiert damit nun in ganz Österreich (FLÖ). Als Spitzenkandidatin dieser Liste konnte er Barbara Rosenkranz gewinnen. Rosenkranz, die 2010 für die FPÖ als Kandidatin bei der Bundespräsidentenwahl antrat, erreichte damals etwas mehr als 15 Prozent. Rosenkranz ist verheiratet und hat zehn Kinder. 9. Die Weißen Isabella Heydarfadai Die Weißen werden gar nicht von ihrer Listenersten Isabella Heydarfadai (52), sondern von einem Dreierteam (dem auch Thomas Rathammer und Karl-Heinz Plankel angehören) ins Wahlkampfrennen geführt. Heydarfadai war bisher schon als Vorstandsmitglied der Wahlplattform „Mutbürger“und als Obfrau des Kreditopfervereins in Erscheinung getreten. Die Spitzenkandidatin machte es den Wählern im Wahlkampf nicht ganz leicht, etwas über ihre Positionen zu erfahren. Auf konkrete inhaltliche Fragen antwortete Heydarfadai meist: „Wir werden hier niemandem etwas vorgeben“, die Bevölkerung solle mitreden und entscheiden. Die Weißen verstehen sich nicht als Partei, sondern als „direktdemokratisches Instrument“– und versprechen, im Nationalrat so abzustimmen, wie per Handy-App befragte „interessierte Menschen“es ihnen vorgeben.
Neos Matthias Strolz & Irmgard Griss
10. G!LT Roland Düringer Er kandidiert zwar nicht für die von ihm gegründete Bewegung G!LT, ist aber ihr Gesicht: der Kabarettist Roland Düringer. Geboren Ende Oktober 1963 in Favoriten, waren seine zahlreichen bisherigen Erfolge schauspielerischer Natur. Den größten feierte Düringer 1998, als er für die Verfilmung seines Kabarettprogramms „Hinterholz 8“die Goldene Romy als bester Schauspieler bekam. Seit mehr als 20 Jahren lebt Düringer in Niederösterreich, seit Jahren setzt er sich kritisch mit der Konsumgesellschaft auseinander.