DIE ILLUSTRIERTE KOLUMNE
Es schlägt immerdar. Bis der Tod uns scheidet von seinem Pumpen. Und auch wenn alle von uns eines haben, so wird in der Republik der Schnitzel und Schmarrn doch oft der Vorwurf erhoben, jemand (es ist immer der andere) habe keines. Oder eines aus Stein. Oder zu viel davon. Vom Gutmenschenherz, vom Willkommensklatscherherz, vom Grenzöffnungsherz.
Ans Herz geht dennoch allen etwas, den Beweis dafür erbringt die Volksmusik mit unaufgehaltener Kraft. Wer zu den schmachtenden Märschen Ötztaler Plattenreiter und kosakischer Sternenbenenner weder Schmerz leidet noch Tränen vergießt, empfiehlt sich für Aufgaben jenseits der Regungen des Gefühls. Das Österreichertum jedenfalls bleibt diesem Personenkreis verwehrt. Österreich ist nämlich eine Herzensnation. Auch wenn die Leber hier Einspruch erhebt. Die Pumpe ist der Österreicher liebstes Organ. Es hängt mit den Geigen im Himmel, schwimmt den Donaustrom rauf und runter, liegt faul und fertig in den Äckern und klettert die Berge und Dome empor.
Manchmal irrt sich das Herz und verschenkt sich an das Unmögliche. Träumt von einer besseren Welt. Einer ohne Ausländer und Asylsuchende, einer ohne Gutmenschen und Grenzeneinreißer. Dann kollidiert es mit anderen Herzen, denen das Gegenteil pochenswert erscheint, eine Welt ohne Hass und Furcht.
Die Klügeren unter uns behaupten, das Herz wäre dem Hirn überlegen, weil es seine Entscheidungen ohne Kalkül treffe. Der Bauch erhebt Einspruch, wie schon ein paar Sätze vor diesem die Leber, der Bauch hält sich für das bessere Herz, schon deswegen, weil er sich leichter füllen lässt und auch der Entleerung nicht mit Flimmern antwortet.
Im Streit zwischen Heimatschmerz und Fernweh regt sich die Frage, ob eine Nation ein Herz habe. Und wenn dem so wäre, wo denn das Österreicherherz schlüge. Im Großglockner, im Schweinsbraten oder doch im schmutzigschönen Wien? Niemals sagen die Salzburger, die Horner und die Tschanigrabner. Das Herz schlägt immer daheim.
Wenn es denn so einfach wäre.