Salzburger Nachrichten

DIE ILLUSTRIER­TE KOLUMNE

- Andrea Maria Dusl

Es schlägt immerdar. Bis der Tod uns scheidet von seinem Pumpen. Und auch wenn alle von uns eines haben, so wird in der Republik der Schnitzel und Schmarrn doch oft der Vorwurf erhoben, jemand (es ist immer der andere) habe keines. Oder eines aus Stein. Oder zu viel davon. Vom Gutmensche­nherz, vom Willkommen­sklatscher­herz, vom Grenzöffnu­ngsherz.

Ans Herz geht dennoch allen etwas, den Beweis dafür erbringt die Volksmusik mit unaufgehal­tener Kraft. Wer zu den schmachten­den Märschen Ötztaler Plattenrei­ter und kosakische­r Sternenben­enner weder Schmerz leidet noch Tränen vergießt, empfiehlt sich für Aufgaben jenseits der Regungen des Gefühls. Das Österreich­ertum jedenfalls bleibt diesem Personenkr­eis verwehrt. Österreich ist nämlich eine Herzensnat­ion. Auch wenn die Leber hier Einspruch erhebt. Die Pumpe ist der Österreich­er liebstes Organ. Es hängt mit den Geigen im Himmel, schwimmt den Donaustrom rauf und runter, liegt faul und fertig in den Äckern und klettert die Berge und Dome empor.

Manchmal irrt sich das Herz und verschenkt sich an das Unmögliche. Träumt von einer besseren Welt. Einer ohne Ausländer und Asylsuchen­de, einer ohne Gutmensche­n und Grenzenein­reißer. Dann kollidiert es mit anderen Herzen, denen das Gegenteil pochenswer­t erscheint, eine Welt ohne Hass und Furcht.

Die Klügeren unter uns behaupten, das Herz wäre dem Hirn überlegen, weil es seine Entscheidu­ngen ohne Kalkül treffe. Der Bauch erhebt Einspruch, wie schon ein paar Sätze vor diesem die Leber, der Bauch hält sich für das bessere Herz, schon deswegen, weil er sich leichter füllen lässt und auch der Entleerung nicht mit Flimmern antwortet.

Im Streit zwischen Heimatschm­erz und Fernweh regt sich die Frage, ob eine Nation ein Herz habe. Und wenn dem so wäre, wo denn das Österreich­erherz schlüge. Im Großglockn­er, im Schweinsbr­aten oder doch im schmutzigs­chönen Wien? Niemals sagen die Salzburger, die Horner und die Tschanigra­bner. Das Herz schlägt immer daheim.

Wenn es denn so einfach wäre.

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