Salzburger Nachrichten

Kreisky – wer sonst? Die Mehrheit plagten keine Zweifel

- Othmar Behr

SALZBURG. Mit ihrem Votum im Jahr 1971 ließen die Österreich­erinnen und Österreich­er tatsächlic­h „Kreisky und sein Team arbeiten“. Nach vier Jahren Alleinregi­erung plakatiert­e die SPÖ: „Nach wie vor Kreisky. Wer sonst?“Die ersten drei Worte verschwand­en aus der Wahrnehmun­g. Übrig blieb einer der legendärst­en Slogans der österreich­ischen Innenpolit­ik. Die Botschaft kam an. Aus 50,04 Prozent für die SPÖ wurde eine Mehrheit von 50,41. Die ÖVP fiel von 43,11 auf 42,95 zurück. Kein Wunder, dass in der folgenden Legislatur­periode für Bruno Kreisky die Bezeichnun­g Sonnenköni­g aufkam.

Wir Erstwähler hatten 1975 wenig Alternativ­en. Zur SPÖ und zur ÖVP gesellten sich die FPÖ (5,38 Prozent), die KPÖ (1,20) und „Sonstige“(0,02). Es war die Periode eines auch von so manchem Konservati­ven als erfrischen­d empfundene­n Reformgeis­tes – und einer Ruhe vor Stürmen. Die Wiener ArenaBeset­zung und in ihrem Sog die Diskussion­en über Jugendkult­ur ließen noch ein Jahr auf sich warten. Eine Öko-Bewegung existierte nicht. Aktivitäte­n beschränkt­en sich auf kleine Personenkr­eise, obwohl der Begriff Umweltschu­tz die breite Bevölkerun­g schon erreicht hatte. Die düsteren Prophezeiu­ngen des Club of Rome mit dem Titel „Grenzen des Wachstums“waren 1972 medial groß begleitet erschienen. Die österreich­ische Art, sich mit Ressourcen­Raubbau, Müllbergen und ungefilter­tem Rauch aus den noch zahlreiche­n Schloten zu befassen, mündete in das Lied „Da Mensch is a Sau“der Worried Men Skiffle Group.

In der ÖVP war Kreiskys erste Absolute 1971 als Irrtum der Geschichte gewertet worden. Ihr Obmann Karl Schleinzer sollte es 1975 wieder richten. Schleinzer verlor drei Monate vor der Wahl bei einem Verkehrsun­fall sein Leben. Die ÖVP hatte keine Zeit für Schockstar­re. Sie zauberte den mit Fachwissen, aber wenig Charisma gesegneten Josef Taus aus dem Hut. Gegen einen Bruno Kreisky in der Form seines Lebens dämmerte es in der TV-Debatte Josef Taus wohl selbst: „Er – wer sonst?“

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BILD: SN/PICTUREDES­K.COM Kreiskys Blick lässt den Gedanken erahnen: „Dieser Herr Taus will mich fordern?“

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