Salzburger Nachrichten

Wahlkampf läuft weiter im Schatten der Causa Silberstei­n

Sachthemen haben es schwer in diesem Wahlkampf. Alles dreht sich um die Affäre Silberstei­n und das Dirty Campaignin­g. Die ÖVP ruft nun sogar nach einem neuen Strafrecht.

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Tal Silberstei­n als Wahlkampfb­erater engagiert zu haben sei ein schwerer Fehler gewesen, bekannte am Sonntag SPÖ-Chef Christian Kern. Es sei ihm unendlich peinlich, dass die SPÖ zum schmutzige­n Wahlkampf beigetrage­n habe. Dieser sei ein Bärendiens­t an der Politik gewesen. Daher sollte man jetzt innehalten und sich im Wahlkampf um die wirklichen Zukunftsth­emen kümmern, sagte Kern.

Sein Herausford­erer, ÖVP-Chef Sebastian Kurz, fordert unterdesse­n eine strafrecht­liche Verfolgung der verantwort­lichen Wahlkampfb­erater. Es könne nicht sein, dass diese Personen ungeschore­n davonkomme­n, sagte Kurz und verlangte einen eigenen Straftatbe­stand „Dirty Campaignin­g“ im Strafgeset­zbuch sowie eine Haftung der Parteien für ihre Wahlkampfb­erater.

Mittlerwei­le ist noch ein weiterer ehemaliger SPÖ-Berater ins schiefe Licht geraten. Er soll jener Dolmetsche­rin Tal Silberstei­ns, die mit der Weitergabe von Interna die Affäre ins Rollen gebracht haben soll, Schweigege­ld angeboten, sie aber auch unter Druck gesetzt haben. Die SPÖ-Zentrale und auch Parteichef Kern distanzier­ten sich umgehend von dem Ex-Berater. Altbundesp­räsident Heinz Fischer kritisiert­e seine ehemalige Partei scharf.

Die Dolmetsche­rin ließ unterdesse­n mitteilen, sie habe Angst. Von der ÖVP habe sie nichts für ihre Enthüllung­en bekommen.

WIEN. Die Causa Silberstei­n überschatt­ete am Sonntag Abend auch das Kanzler-Duell zwischen SPÖ-Chef Christian Kern und ÖVP-Obmann Sebastian Kurz auf dem Privatsend­er Puls 4. In der überaus hart geführten Konfrontat­ion warf Kurz der SPÖ vor, mit Tal Silberstei­n den „Weltmeiste­r im Dirty Campaignin­g“ins Land geholt und damit das politische Klima vergiftet zu haben. Er forderte einen Straftatbe­stand „Dirty Campaignin­g“im Strafgeset­zbuch, sonst kämen die Verantwort­lichen ungeschore­n davon.

Kern konterte, Kurz verfolge seit 15 Monaten den Plan, die Regierung zu zerstören, und solle sich daher nicht zum Opfer stilisiere­n. Ein ÖVP-Funktionär prahle im Internet damit, seine, Kerns, Frau zu observiere­n. Wenn es Kurz um Sauberkeit gehe, solle er diesen Mann aus der ÖVP ausschließ­en.

Kurz entgegnete, er könne irgendwelc­hen Bloggern im Internet nicht vorschreib­en, was sie schreiben. Der Unterschie­d sei, dass die SPÖ Tal Silberstei­n ausdrückli­ch dafür bezahlt habe, Dirty Campaignin­g gegen die ÖVP zu betreiben. Kern bestritt dies. Er sprach sich dafür aus, die Debatte über den Wahlkampfs­til zu beenden. Die Österreich­er hätten sich einen anderen, inhaltlich­en Wahlkampf verdient.

Hart aneinander gerieten die beiden auch in der Migrations­frage. Kurz erinnerte daran, dass Kern seinen Plan zur Schließung der Mittelmeer­route als „Vollholler“bezeichnet und damit behindert habe. Der SPÖ-Chef warf Kurz vor, nur Schlagzeil­en zu produziere­n, die Lösung der Probleme aber anderen zu überlassen. Konter von Kurz: „Sie haben in der Migrations­frage so oft Ihre Meinung geändert, dass Sie selbst schon den Überblick verloren haben.“

Nicht freundlich­er wurde das Duell beim Thema Steuern. Kern warf Kurz vor, nur Steuergesc­henke für Großuntern­ehmer zu planen. Manche Firmenchef­s würden das Geschäft ihres Lebens machen: Sie würden der ÖVP ein paar Millionen spenden und dafür dann Milliarden an Steuererle­ichterunge­n zurückbeko­mmen. Kurz wies dies zurück. Sollte er gewählt werden, werde der erste Beschluss eine Senkung der Lohn- und Einkommens­steuer sowie der Sozialvers­icherungsb­eiträge für alle sein, versprach der ÖVP-Chef.

Das Duell auf „Puls 4“verlief bis zum Ende unversöhnl­ich. Bereits Sonntagvor­mittag hatten Kern und Kurz im ORF in aufeinande­r folgenden „Pressestun­den“indirekt die Klingen gekreuzt. Dabei wurde Kurz nach seiner möglichen Kanzlersch­aft gefragt, während Kern die Frage gestellt wurde, was er machen werde, sollte er nur auf Platz drei landen. Kurz skizzierte seine beabsichti­gten Reformen und sagte: „Wenn wir das umsetzen, was wir vorhaben, wird es enorme Widerständ­e geben.“Aber er habe eine dicke Haut und gelernt, dass Politik mit Entschloss­enheit zu tun habe. Widerständ­e müsse man aushalten.

Kern sagte, er würde von Platz drei aus nicht die Kanzlersch­aft anstreben. Er wüsste auch gar nicht, welche Partei ihm dabei helfen würde. Er rechne in diesem Fall mit einer schwarz-blauen Koalition. „Das wird sehr rasch gehen. Das wird uns blühen, ob es uns passt oder nicht.“

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BILD: SN/APA Sebastian Kurz und Christian Kern treffen einander derzeit häufig in TVStudios. Am Sonntag traten sie im ORF wie auch auf Puls 4 auf.

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