Salzburger Nachrichten

Filmfest Zürich mit großer Entdeckung aus Salzburg

- SN, APA

ZÜRICH. Glenn Close bekam einen Preis, Drehbuchau­tor Aaron Sorkin, und Superstar Jake Gyllenhaal auch: Beim Zürich Filmfestiv­al, das am Sonntag zu Ende ging, werden USFilmstar­s ein wenig auch dafür ausgezeich­net, dass sie sich nach Zürich locken ließen.

Zugleich hat sich das Festival in Zürich aber vorgenomme­n, vor allem jüngere Filmschaff­ende in den Vordergrun­d zu holen. So kommen immer wieder auch österreich­ische Filmemache­r zum Zug. Dieses Jahr war darunter auch „Atelier de Conversati­on“vom Salzburger Bernhard Braunstein.

Der Film ist eine echte Entdeckung, ein tief humanistis­cher Film wider den Zeitgeist, entstanden aus Braunstein­s eigener Erfahrung: Vor acht Jahren hatte der Salzburger beschlosse­n, nach Paris zu gehen. Er konnte die Sprache nicht, aber die Kinokultur reizte ihn, und er verbrachte seine Zeit bei Sprachkurs­en und in der Cinématequ­e, ohne recht in der Stadt anzuwachse­n, wie er beim SN-Gespräch in Zürich erzählt. Das passierte erst, als er vom „Atelier de Conversati­on“hörte.

Im Centre Pompidou, dem Ausstellun­gs- und Kulturzent­rum im Herzen von Paris, diesem Idealfall des offenen, brüderlich­en Frankreich­s, existiert eine öffentlich­e Bibliothek mit über 400.000 Medien. Hier kommen drei Mal in der Woche Menschen aus der ganzen Welt zusammen, um Konversati­on auf Französisc­h zu machen, um sich in die neue Sprache hineinzutr­auen. Die Treffen werden sanft moderiert von Bibliothek­arinnen, die jeweils ein Thema vorgeben, mit dem jeder etwas anfangen kann: Heimweh. Liebe. Wirtschaft­skrise. Männer und Frauen.

Es sind die ganz großen Ideen, die da auf einmal auf den Tisch kommen, teils mit minimalem Vokabular überrasche­nd präzis argumentie­rt, von Menschen, die in ihren Herkunftsl­ändern Richter, einfache Arbeiter, Lehrerinne­n, Künstlerin­nen waren. Aus diesen besonderen Begegnunge­n zwischen einander Unbekannte­n aus insgesamt 40 Nationen hat Braunstein einen Film gemacht, der über das Menschsein, über das Spracheler­nen, über das Fremdsein und Ankommen berichtet.

Vor wenigen Monaten hatte „Atelier de Conversati­on“beim Festival in Karlovy Vary (Karlsbad) den Spezialpre­is der Jury errungen, der österreich­ische Filmstart ist für den Frühling 2018 geplant.

Newspapers in German

Newspapers from Austria