Ballon hilft bei Aneurysma
Salzburger Herzchirurgen haben maßgeblich an einer neuen Technik zum Einsetzen von Stents in der Aorta mitgewirkt. Sie wurden dafür auch ausgezeichnet.
SALZBURG, WIEN. Ein Ballon, der das Blut auch dann noch durch die Adern fließen lässt, wenn er aufgeblasen ist – das ist die neue Erfindung, die am Wochenende beim 31. Europäischen Kongress für Herzund Thoraxchirurgie in Wien Aufsehen erregt hat. Unter zahlreichen Bewerbungen wurde das neue Hilfsmittel für Eingriffe an der Hauptschlagader (Aorta) mit dem Innovationspreis dieses bedeutenden Kongresses ausgezeichnet.
Schon bald sollen vor allem Patienten mit einem Aneurysma von dieser neuen Technik profitieren. Die minimalinvasiv implantierbaren Stents-Grafts, die bei einer Erweiterung der Hauptschlagader oder anderen Erkrankungen der Aorta eingesetzt werden, können mit dem neuen Ballon wesentlich besser fixiert werden.
Ein Stent-Graft ist eine Prothese, die aus einem Metallgitter (Stent) und einer normalen Gefäßprothese (Graft) zusammengesetzt ist und über einen kleinen Schnitt in der Leiste eingebracht wird. Anschließend wird sie unter Röntgenkontrolle positioniert und entfaltet. Damit wird der erkrankte Bereich der Hauptschlagader vom Blutstrom abgetrennt, das Gefäß von innen geschient und das Blut kann nur mehr durch den Stent-Graft fließen.
Um die Prothese gut an die Wand der Hauptschlagader anzupassen und ein Leck zu verhindern (Endoleak), wird zur Modellierung der Prothese an die Gefäßwand ein Ballon verwendet. Dieser Ballon verschließt normalerweise die Hauptschlagader komplett. Da diese Operationen am schlagenden Herz durchgeführt werden, kann der Blutstrom schon bei normalem Blutdruck den Ballon und damit auch die Prothese verschieben.
Rainald Seitelberger, Vorstand der Universitätsklinik für Herzchirurgie in Salzburg, erläuterte im SN-Gespräch den wesentlichen Fortschritt durch den neuen Ballon: „Bisher war es so, dass der aufgeblasene Ballon nicht nur den StentGraft wie gewünscht an die Gefäßwand gedrückt hat, sondern gleichzeitig auch den Blutfluss in der Aorta blockiert hat. Der neu entwickelte Ballon besteht aus drei Ballonen, die wendelförmig angeordnet sind und nach dem Aufblasen den StentGraft an die Aorta anmodellieren. In der Mitte des Ballons bleibt aber ein großes Loch, durch das das Blut weiterhin ungehindert fließt, sodass es zu keinem Verrutschen des Ballons oder der Prothese kommt.“Dieser innen offene Ballon lasse sich auch wesentlich leichter punktgenau in der Aorta positionieren und ermögliche eine verlässlichere Abdichtung der erkrankten Gefäßwand durch den Stent.
Maßgeblich beteiligt an der Entwicklung des neuen, „durchlässigen“Ballons war Roman Gottardi, Oberarzt an der Salzburger Universitätsklinik für Herzchirurgie. Die Partnerklinik in dem internationalen Forschungsprojekt war eine der weltweit berühmtesten Herzkliniken: die „Chris Barnard“-Abteilung an der Universität Kapstadt in Südafrika. Sie ist nach dem Herzchirurgen Christiaan Neethling Barnard (1922–2001) benannt, der vor knapp 50 Jahren, am 3. Dezember 1967, die weltweit erste Herztransplantation durchgeführt hat.
„Die Universitätsklinik in Kapstadt hat ein ausgezeichnetes Forschungslabor. Dort wurde das erste Modell dieses Ballons entwickelt, um Herzklappen zu sprengen, ohne den Kreislauf zu beeinflussen“, sagt der Salzburger Klinikvorstand Seitelberger. „Wir haben das Prinzip dort kennengelernt und die Idee eingebracht, es für die Anwendung in der Aorta weiterzuentwickeln.“
Kommunikationsprobleme gab es dabei zwischen Salzburg und Kapstadt nicht. Denn der Leiter der Herzklinik in Südafrika und einer der Nach-Nachfolger von Barnard, Peter Zilla, stammt aus Österreich. Auch der dritte führende Mediziner im Bunde, Martin Czerny, ist Österreicher. Der in Wien ausgebildete Herz- und Gefäßchirurg ist Leiter des Departments für Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Freiburg-Bad Krozingen (D) und ein international angesehener Experte auf dem Gebiet der Erkrankungen der Hauptschlagader.
Czerny und sein Team kommen im nächsten Entwicklungsschritt entscheidend ins Spiel. „Es geht jetzt um den Sicherheitsnachweis, dass diese von uns entwickelte Anwendung der neuen Technik prinzipiell funktioniert und den Patienten nicht schaden kann“, sagt Seitelberger. „Für diese Machbarkeitsstudie hätten wir in Salzburg zu wenige Patienten. Daher wird sie in Freiburg durchgeführt.“
Mit Vergleichsstudien soll dann die neue Technik auch in den Alltag der Salzburger Herzchirurgie einziehen. Vorerst ist die Freude groß, dass die maßgeblich in Salzburg mit entwickelte Erfindung durch den Innovationspreis des Europäischen Kongresses für Herz- und Thoraxchirurgie international große Anerkennung gefunden hat.
„Eine sehr erfolgreiche Kooperation.“ Rainald Seitelberger