Salzburger Nachrichten

Nach der Wahl wird’s richtig spannend

Schafft die FPÖ den Sprung in die Regierung? Oder geht trotz allem die Große Koalition weiter?

- Alexander Purger ALEXANDER.PURGER@SN.AT

Wer sich die TV-Duelle ansieht, die zurzeit in schier endloser Folge über die Bildschirm­e flimmern, muss die Frage der nächsten Koalition bereits für entschiede­n halten. Während Christian Kern und Sebastian Kurz einander am Sonntagabe­nd beflegelte­n, als hätten sie alle Brücken zueinander abgebroche­n, herrschte anschließe­nd zwischen Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache der reinste Honigmond. Ist Schwarz-Blau bereits ausgemacht?

Fast scheint es so, zumal sich ÖVP und FPÖ auch in ihren Wahlprogra­mmen stark angenähert haben. Doch man sollte in der Koalitions­frage weder programmat­ischen Festlegung­en noch persönlich­en Zuoder Abneigunge­n allzu große Bedeutung beimessen. Denn bei Koalitions­verhandlun­gen geht es um die zentrale Machtfrage: Wer bekommt die Chance, seine Vorstellun­gen in der Regierung durchzuset­zen? Wer erhält den Zugriff aufs Geld? Wer hat in den kommenden Jahren die Möglichkei­t, durch Personalen­tscheidung­en seine Macht zu mehren?

Diese Weichenste­llung ist für die Parteien viel zu wichtig, um sich dabei von persönlich­en Sympathien oder Antipathie­n leiten zu lassen. Gewiss, die Wunden, die SPÖ und ÖVP einander in diesem Wahlkampf geschlagen haben, sind tief. Sehr tief. Aber erstens werden vor allem beim Wahlverlie­rer die handelnden Personen nach dem Wahltag andere sein als heute. Und zweitens gibt es sowohl bei Rot als auch bei Schwarz mächtige Interessen­vertretung­en, die nach der Wahl massiv Druck für eine Fortsetzun­g der Großen Koalition machen werden.

Auch die Variante Rot-Blau ist nicht ausgeschlo­ssen. Die SPÖ hat sich diese Möglichkei­t ausdrückli­ch eröffnet. Und falls von den kleineren Parteien – Grüne, Neos, Liste Pilz – eine oder mehrere an der VierProzen­t-Hürde scheitern, erben die verbleiben­den Parteien so viele Mandate, dass eine SPÖ-FPÖ-Koalition problemlos eine Mehrheit haben wird.

Die genannten Kleinparte­ien krebsen in Umfragen derzeit alle zwischen vier und sechs Prozent herum. Eine Regierungs­beteiligun­g ist für sie daher extrem unwahrsche­inlich. Dazu wäre schon eine Dreieroder gar Viererkoal­ition nötig. Es bleiben also nur drei realistisc­he Koalitions­varianten übrig: die Große Koalition, Schwarz-Blau oder Rot-Blau.

Alle drei mittelgroß­en Parteien – erstmals auch die FPÖ, wie man ihrem Wahlkampfs­til deutlich angemerkt hat – wollen unbedingt in die Regierung. Nach der spannenden Wahl am Sonntag wird es also erst so richtig spannend.

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