Nach der Wahl wird’s richtig spannend
Schafft die FPÖ den Sprung in die Regierung? Oder geht trotz allem die Große Koalition weiter?
Wer sich die TV-Duelle ansieht, die zurzeit in schier endloser Folge über die Bildschirme flimmern, muss die Frage der nächsten Koalition bereits für entschieden halten. Während Christian Kern und Sebastian Kurz einander am Sonntagabend beflegelten, als hätten sie alle Brücken zueinander abgebrochen, herrschte anschließend zwischen Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache der reinste Honigmond. Ist Schwarz-Blau bereits ausgemacht?
Fast scheint es so, zumal sich ÖVP und FPÖ auch in ihren Wahlprogrammen stark angenähert haben. Doch man sollte in der Koalitionsfrage weder programmatischen Festlegungen noch persönlichen Zuoder Abneigungen allzu große Bedeutung beimessen. Denn bei Koalitionsverhandlungen geht es um die zentrale Machtfrage: Wer bekommt die Chance, seine Vorstellungen in der Regierung durchzusetzen? Wer erhält den Zugriff aufs Geld? Wer hat in den kommenden Jahren die Möglichkeit, durch Personalentscheidungen seine Macht zu mehren?
Diese Weichenstellung ist für die Parteien viel zu wichtig, um sich dabei von persönlichen Sympathien oder Antipathien leiten zu lassen. Gewiss, die Wunden, die SPÖ und ÖVP einander in diesem Wahlkampf geschlagen haben, sind tief. Sehr tief. Aber erstens werden vor allem beim Wahlverlierer die handelnden Personen nach dem Wahltag andere sein als heute. Und zweitens gibt es sowohl bei Rot als auch bei Schwarz mächtige Interessenvertretungen, die nach der Wahl massiv Druck für eine Fortsetzung der Großen Koalition machen werden.
Auch die Variante Rot-Blau ist nicht ausgeschlossen. Die SPÖ hat sich diese Möglichkeit ausdrücklich eröffnet. Und falls von den kleineren Parteien – Grüne, Neos, Liste Pilz – eine oder mehrere an der VierProzent-Hürde scheitern, erben die verbleibenden Parteien so viele Mandate, dass eine SPÖ-FPÖ-Koalition problemlos eine Mehrheit haben wird.
Die genannten Kleinparteien krebsen in Umfragen derzeit alle zwischen vier und sechs Prozent herum. Eine Regierungsbeteiligung ist für sie daher extrem unwahrscheinlich. Dazu wäre schon eine Dreieroder gar Viererkoalition nötig. Es bleiben also nur drei realistische Koalitionsvarianten übrig: die Große Koalition, Schwarz-Blau oder Rot-Blau.
Alle drei mittelgroßen Parteien – erstmals auch die FPÖ, wie man ihrem Wahlkampfstil deutlich angemerkt hat – wollen unbedingt in die Regierung. Nach der spannenden Wahl am Sonntag wird es also erst so richtig spannend.