Das Theater erstrahlt endlich wieder in neuem Glanz
Zwei Jahre später als geplant öffnete sich das Haus am Münchner Gärtnerplatz am Sonntag wieder für das Publikum.
Die strahlend weiße Fassade und die Freude im Inneren des Prunkbaus konnte selbst der graue Himmel über München nicht trüben. Am Sonntag öffnete das Staatstheater am Gärtnerplatz nach fünfeinhalb Jahren Bauzeit – zwei Jahre später als geplant – erstmals wieder seine Pforten für die Öffentlichkeit. Und das Publikum kam zahlreich. Schon am frühen Sonntagnachmittag versammelten sich Hunderte Menschen, um das neue Theater zu bestaunen. In kleineren Grüppchen konnte das Ergebnis der Grundsanierung in Augenschein genommen werden: Barrierefreie Ränge, eine rundum erneuerte Technik und eine neue Bestuhlung sind mitunter die Errungenschaften der Sanierung. Herzstücke sind der neu angebaute Orchesterprobensaal und drei Probebühnen im Haus, davon eine in der Original- größe der Bühne samt Drehvorrichtung. Ebenso sind der künstlerische Betrieb und die Werkstätten komplett im umgebauten Haus vereint.
Bis dahin war es jedoch ein langer Weg. Im Mai 2012 schloss das Traditionshaus seine Pforten, ursprünglich sollte es zum 150. Geburtstag 2015 wiedereröffnet werden. „Bauzeit und -kosten waren von Anfang an nicht realistisch kalkuliert. Ich bin ein Mensch, der das offene Wort schätzt, auch wenn es unangenehm ist“, mahnt Staatsintendant Josef E. Köpplinger im Rückblick.
Der gebürtige Niederösterreicher leitet seit der Saison 2012/13 höchst erfolgreich die Geschicke des Hauses. In der vergangenen Spielzeit erzielte das Gärtnerplatztheater eine Auslastung von rund 90 Prozent. Und das, obwohl das Programm an insgesamt neun verschiedenen Spielstätten in der Stadt verteilt war. Flexibilität war demnach in den Jahren des Umbaus das Zauber- wort. Immer neue Verzögerungen in der Bauzeit erzwangen oftmals kurzfristige Notfallpläne. „Der schlimmste Moment war im Dezember 2015. Drei Monate vor der Spielplanpräsentation wurden wir informiert, dass sich die Bauzeit um ein weiteres Jahr verlängern würde“, sagt Köpplinger. Die Weihnachtsfeiertage wurden für eine marathonähnliche Neudisposition verwendet, denn mögliche Alternativspielorte seien damals schon anderwärtig vermietet gewesen.
Auch die Baukosten stiegen wesentlich, überschritten die zweistellige Millionengrenze und endeten schließlich bei 121 Millionen Euro. Das sei vor allem dem komplizierten Zusammenfügen von Alt- und Neuanbau geschuldet. Außerdem kamen ursprünglich nicht budgetierte Mehrkosten, beispielsweise durch Asbestfunde, zum Tragen.
„Das neue Haus ist einem Staatstheater angemessen“, von überschwänglichen Ausgaben könne nicht die Rede sein, versichert der Hausherr. „Als Sohn einer Arbeiterfamilie habe ich früh gelernt, mit Geld zu haushalten. Die öffentliche Diskussion über Subventionen ist gut, sie sollte allerdings nicht ins Kleinliche driften“, schließlich würden Theater einen wesentlichen Teil des Bildungsauftrags erfüllen. „Alle reden über Bildung. Die Herzensbildung besorgt mitunter die Kunst; dazu braucht es Geld.“
Bis zur Eröffnungsgala am kommenden Wochenende wird noch emsig gewerkt. „Auf den letzten Metern heißt es durchhalten, jammern hilft nichts!“, sagt Köpplinger, der derzeit die Eröffnungspremiere probt. Der Lehár-Klassiker „Die lustige Witwe“wird am 19. Oktober die neue Ära am Gärtnerplatz einläuten. Aber nicht nur bekannte Titel des klassischen Repertoires, sondern auch Uraufführungen bleiben fester Bestandteil des Programms. „Es ist wichtig, Platz für Neues zu schaffen. Ich will Lust auf die Vielfalt der Musik machen und nicht zwischen Unterhaltung und ernster Musik unterscheiden.“