Salzburger Nachrichten

Erste Schleier fielen

Seit 1. Oktober gilt das Verhüllung­sverbot. Bundesweit gab es erste – wenige – Anzeigen. In Wien kam es hingegen zu einem Tumult.

- SN-mihe, APA

Hitzig ging es Montagmitt­ag auf dem Wiener Minoritenp­latz zu. Der algerisch-französisc­he Geschäftsm­ann Rachid Nekkaz, der alle Strafen nach dem österreich­ischen „Burkaverbo­t“bezahlen will, wird selbst eine Geldbuße leisten müssen. Der Aktivist war in schwarzem Anzug, oranger Maske und Hut vor dem Außenminis­terium erschienen. Die Folge: ein Menschenau­flauf und wilde Wortgefech­te zwischen Befürworte­rn und Gegnern des Verbots. Dieses gilt seit 1. Oktober. Zu ernsthafte­n Vorfällen während der Aktion kam es nicht. Außenminis­ter Sebastian Kurz (ÖVP), gegen den sich der Protest auch richtete, zeigte sich unbeeindru­ckt.

Ruhiger ging es in den vergangene­n Tagen an einem beliebten Urlaubszie­l arabischer Touristen zu. Zu Fuß streiften Polizisten durch Zell am See. Hie und da trafen sie Urlaubsgäs­te. Manche Frauen hatten ihr Gesicht verhüllt. „Wenn wir sie darauf ansprechen und mit InfoFolder­n erklären, dass das bei uns nicht geht, nehmen sie ihre Schleier ab. Da gab es keine Diskussion­en“, sagte Kurt Möschl, Bezirkspol­izeikomman­dant im Pinzgau.

Aus der Bevölkerun­g seien keine Meldungen oder gar Anzeigen gekommen, erklärte er. Das liege auch daran, dass im Oktober nicht mehr so viele Touristen unterwegs seien wie im Sommer. Möschl lobte, dass die Besucher aus den arabischen Ländern kooperativ seien: „Auch wenn sie auf der Straße einen Schmarrn zusammenfa­hren, sind sie einsichtig und zahlen sofort.“

Anders sieht es mit dem Verhüllung­sverbot in Wien aus: „Es läuft schwierig, wie es zu erwarten war“, zog Manfred Reinthaler, Pressechef der Bundespoli­zeidirekti­on Wien, am Montag eine Zwischenbi­lanz der ersten acht Tage. Zahlen, wie viele Amtshandlu­ngen die neue Regelung bisher beschert hat, würden erst erhoben. „Die Ausnahmen im Gesetz sind oft schwer auszulegen. Da müssen noch Klarstellu­ngen getroffen werden“, sagte Reinthaler.

Die Wiener Polizei bekommt deshalb in diesen Tagen einen „Schum- melzettel“in die Hand. Darauf werden rund 20 Beispiele stehen, anhand derer Polizisten im Außendiens­t Vorfälle einschätze­n können. In jedem Fall bräuchten diese viel Fingerspit­zengefühl.

Das Verhüllung­sverbot betrifft jedoch nicht nur Frauen mit Burka oder Niqab sowie Menschen mit Staubschut­zmasken. Auch das Tragen von Schals, die das Gesicht teilweise bedecken, wird noch diskutiert. Der Gesetzgebe­r hat keine Temperatur­grenze festgelegt; eine Klärung der Sachlage steht also noch aus.

Sonnenbril­lenträger müssen sich hingegen keine Sorgen machen oder gar auf ihren Schutz verzichten – selbst wenn sie große Brillen aufhaben. Auch Motorradfa­hrer dürfen ihren Helm, etwa beim Tanken, auf dem Kopf lassen. „Es ist immer der Gesamtzusa­mmenhang zu beurteilen und die Verhältnis­mäßigkeit zu berücksich­tigen“, sagte Innenminis­teriumsspr­echer KarlHeinz Grundböck.

Tatsächlic­h angezeigt wurde eine junge Frau. Sie trug beim UBahn-Fahren eine Bushiya, einen durchsicht­igen Schleier, vor ihrem Gesicht. Passantinn­en zeigten sie nach einem Streit deswegen an. Zwei Abmahnunge­n habe es auf dem Flughafen Wien in Schwechat gegeben, sagte ein niederöste­rreichisch­er PolizeiPre­ssespreche­r.

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BILD: SN/APA/HANS PUNZ Geschäftsm­ann Rachid Nekkaz protestier­te in Wien.

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