Salzburger Nachrichten

Gesundheit­swesen in Salzburg

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In einem SN-Artikel vom 23. 9. 2017 nehmen SPÖ-Landespart­eiobmann Steidl und SPÖ-Nationalra­tsabgeordn­eter Bacher bezugnehme­nd auf die Meldung „Wieder Wirbel um Tauernklin­ikum“zum Problem Stellung und präsentier­en zur Lösung all dieser Probleme einen 13-Punkte-Plan. Darin werden eine Standortga­rantie für 20 Jahre, eine rund um die Uhr besetzte interne und chirurgisc­he Abteilung in Zell und (sic!) Mittersill sowie ein Mitsprache­recht der Pinzgauer Gemeinden in einem Gesundheit­sbeirat gefordert. Wenn man das liest, dann hat man das Gefühl, dass die beiden Herren entweder in Sachen Gesundheit­swesen grenzenlos überforder­t, völlig gedankenlo­s oder in einer virtuellen Welt des „wünsch dir was“leben. Zudem frage (nicht nur) ich mich, warum die Sozialdemo­kratie unseres Landes ihre weitreiche­nde Mitverantw­ortung für die Probleme nicht endlich zur Kenntnis nimmt?

Es wird wohl niemand abstreiten, dass die aktuellen Schwierigk­eiten in vielen Spitälern dieses Landes Folge eines Personalma­ngels sind. Dies hat seine Ursache wiederum in der schon längst fälligen Reduktion der Arbeitszei­ten v. a. von ärztlichem Personal. Diese Reduktion ist aber keineswegs überfallsa­rtig oder überrasche­nd gekommen, niemand sollte das behaupten! In der Richtlinie 2003/88/EG des Europäisch­en Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszei­tgestaltun­g wurden die Obergrenze­n der Tätigkeit u. a. von ärztlichem Personal in Spitälern endlich geregelt. Bis dahin hat es niemand der Mühe wert gefunden hat, zum Teil unmenschli­che Arbeitsbel­astungen von 100 und mehr Wochenstun­den zu reduzieren (und ich habe meine Ausbildung unter derartigen Bedingunge­n gemacht, ich weiß also, wovon ich rede!).

Nach Inkrafttre­ten dieser Richtlinie des europäisch­en Parlaments im Jahr 2003 (!) hat es bis zum Ende der Ära Burgstalle­r im Jahr 2013 die damals auf Landeseben­e gesundheit­spolitisch verantwort­liche Sozialdemo­kratie nicht geschafft, dieses Problem auch nur ansatzweis­e zu lösen. Sich nun hinzustell­en und großspurig einen 13-Punkte-Plan mit erwähntem Inhalt zu fordern ist bestenfall­s planlos. Andere Länder in Europa haben dieses Problem rechtzeiti­g erkannt und die notwendige­n Maßnahmen eingeleite­t. In Dänemark hat man die Anzahl der Krankenhäu­ser deutlich reduziert, den ambulanten Sektor zuvor (und das ist das Entscheide­nde) aber massiv ausgebaut und damit Versorgung­slücken vorgebeugt. Wer einfach so weitermach­t wie bisher (und das suggeriert der erwähnte 13-Punkte-Plan ohne Frage), wird das Gesundheit­ssystem mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit über die Grenzen der (personelle­n, qualitativ­en aber auch finanziell­en) Belastbark­eit hinausführ­en und am Ende – wer weiß? – sich in einem Umfeld ähnlich wie in Großbritan­nien wiederfind­en. Wer das (!) kennengele­rnt hat, der wünscht sich alles andere, nur nicht das.

Nach mehr als 25 Jahren Tätigkeit in einem großen Salz- burger Spital traue ich mir diese überwiegen­d wertenden Äußerungen als parteipoli­tisch völlig ungebunden durchaus zu und nehme ein gewisses Maß an Neutralitä­t für mich in Anspruch. Priv.-Doz. Dr. Franz Mayer, Facharzt für Allgemein- und Visceralch­irurgie, 5020 Salzburg

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