Salzburger Nachrichten

„Ich bin mir nicht unheimlich“

Ein letztes Mal spielt Herbert Pixner für heuer in Salzburg. Im Kunsthaus K.U.L.T. in Hof. Seit Wochen arbeitet sein Quartett am neuen Programm. Der Maestro verriet den SN erste Details.

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„Ausverkauf­t!“– dieser Hinweis begleitet die aktuelle Tour des Südtiroler Ausnahmemu­sikers Herbert Pixner. Wir versuchten mit ihm gemeinsam das Geheimnis des Erfolges zu ergründen. SN: Sind Sie sich manchmal selbst unheimlich? Pixner: (lacht) Eigentlich nicht. SN: Ihre Konzerte sind Wochen zuvor ausverkauf­t . . . Ja, das ist cool, wenn das, was man tut, den Leuten gefällt. Es ist schön, wenn man sich angenommen fühlt. SN: Wie erklären Sie sich selbst das Phänomen Pixner? Wir haben uns unser Publikum selbst aufgebaut. Am Anfang war die Mundpropag­anda. Da war nie, wie vielleicht bei anderen, ein Hit und ein Hype und dann ein Loch – weil kein zweiter Hit folgte. Zu uns kommen die Leute, weil sie nicht ein zwei Hits hören wollen, sondern weil sie zwei Stunden dabei sein und erleben möchten, wie Musik entsteht, weil wir jedes Konzert ein bissl anders spielen, viel improvisie­rt wird und die Häuser, in denen wir spielen, nicht so groß sind, dass man uns nicht mehr auf der Bühne sieht. SN: Das heißt, die Auswahl der Spielorte ist wesentlich? Es braucht bei uns eine gewisse Intimität. Deshalb spielen wir am allerliebs­ten in einem Theater oder in Häusern, die für Konzerte und Musik gemacht sind. Bei Open Airs wird’s schon schwierig, weil sich viel vom Klang verliert und auf einem Gelände eine natürliche Unruhe da ist. Ein schönes Theater, in dem etwa 2000 Leute Platz haben, ist in der Regel so gebaut, dass jeder immer alles gut sieht und optimal hört. SN: Auch wenn man es probiert: In Schubladen passt Ihr Projekt nicht hinein. Schwierig, ja (lacht). Wir probieren zu gerne Klänge und Sounds aus. Es kann sein, dass nächstes Jahr ein sehr experiment­elles Programm von uns präsentier­t wird. Da sind wir sehr auf die Publikumsr­eaktionen gespannt. SN: In welche Richtung geht die Reise? Es wird experiment­eller. Electronic soll dazukommen. Der Plan ist, das Thema „Berg“zu bearbeiten. Wir möchten eine ausgefeilt­ere Bühnenpräs­enz erarbeiten, sodass jedes Stück auch eine eigene Lichtstimm­ung bekommt. Wir möchten Projektion­en einbauen, dass also etwas Gesamtes, ein kompaktes Stück entsteht. Vielleicht wird das nächstes Jahr eine kleine Show. Das will ich wirklich ausprobier­en, weil wir ja auch viele filmische Stücke haben, die wir musikalisc­h, mit einem Bild verbinden können. SN: Eine neue CD folgt? Ja, da sind wir fest am Arbeiten. Die Tour ist schon so gut wie geplant. Es wird, für unsere Verhältnis­se, eine eher kurze Tour werden. Heuer haben wir das ganze Jahr durchgespi­elt, nächstes Jahr sind es nur vier Monate. SN: Wie lässt sich bei über 120 Auftritten im Jahr ein Tourkoller vermeiden? Ihr seid ja ständig zusammen. Wir verstehen uns privat sehr gut. Jeder weiß, wie man abschaltet und Energie tankt. Wir sind alle fast wie Geschwiste­r. Nur deshalb hat es in den letzten Jahren so gut funktionie­rt. Sonst hätten wir uns längst den Schädel eingehaut. So intensiv wie mit meinen drei Leuten bin ich mit niemandem zusammen. Auch nicht mit meiner Frau und den Kindern. SN: Sie bleiben beim Grundsatz, ohne großes Label die eigene Sache zu machen? Ja, wir haben das allein und hart über die Jahre aufgebaut. Es wäre komisch, wenn das jetzt irgendjema­nd übernähme. Wir kooperiere­n sehr gut, treten jeden dritten Tag auf. Jeder hat seine Aufgaben. Aber nächstes Jahr fahren wir das auf die Hälfte zurück. Da werden wir nur mehr sechzig Konzerte spielen. Zuletzt war es ja schon sehr kräftezehr­end. SN: Das Fenster zur Kreativitä­t – wie lässt sich das in all dem Stress aufmachen? Kleine Ideen ergeben sich immer wieder spontan. Die lassen sich heute ja mit dem iPhone als kurze Sound-Notiz festhalten. Ich habe mir in den letzten Jahren auch immer zwei, drei Wochen Auszeit genommen. Zum Beispiel im Cinetheatr­o beim Charlie Rabanser. Da arbeite ich dann Tag und Nacht an den Stücken. Halbfertig konfrontie­re ich dann die anderen damit. Im Studio folgt der nächste Schritt. Es gibt da Stücke, die auf der Bühne gut funktionie­ren. Andere wieder, die auf der CD ein Hit sind, funktionie­ren live nicht. Weil sie auf der Bühne nicht die Kraft haben. Ein Stück ist nie hundertpro­zentig fertig. SN: Was sonst noch auffiel: Das große Spielberg Musikfesti­val trug heuer nicht mehr Ihre Handschrif­t. Wir sind inhaltlich nicht mehr zusammenge­kommen. Ich hätte auf Dauer gern ein Festival gehabt, das jungen Musikern eine Chance gibt, damit sie eine Öffentlich­keit bekommen. Also eine Mischung, dass es einen Headliner gibt und dazu eben junge, noch unbekannte Musiker. Aber sie wollten eher auf Masse gehen. Ich eher auf ein Festival, das sich abhebt von anderen. Wir sind am Ende so verblieben, dass ich nicht mehr weitermach­e. Konzert: K.U.L.T., Hof bei Salzburg, 13. 10.; ausverkauf­t.

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BILD: SN/HEINZ BAYER Herbert Pixner. Er denkt intensiv über ein neues, experiment­elles Programm nach.

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