Naiver Schwerarbeiter
Mit 51 Jahren startete der Schweizer Maler Ferdinand Hodler 1904 in Wien durch. Er beeinflusste Künstler wie Klimt, Kokoschka und Schiele.
WIEN. Es war nicht das erste Mal, dass die Bilder von Ferdinand Hodler in Wien zu sehen waren. Aber bei der 19. Secessionsausstellung 1904 standen die Bilder des Schweizers – insgesamt 31 Gemälde – im Zentrum des Interesses. Mehr als 15.000 Besucher zählte man in der Schau, auch die Kunstsammler traten auf den Plan. „Die Wiener haben mir nun aus dem Dreck herausgeholfen“, vermerkte der 51-jährige Hodler nach sechs Wochen Wien. Der Schweizer wurde in der guten Gesellschaft herumgereicht, „Ungeschlacht und riesenhaft. Für ihn gab es keine Frau, die nicht zu umarmen war. Ohne Vor- und ohne Nachrede. Vergriff er sich doch sogar an B[erta] Z[uckerkandl], die ihm allerdings eine schallende Ohrfeige gab“, notierte Alma Mahler. Zu Wohlstand gekommen, ließ sich Hodler sein Schweizer Heim von Josef Hoffmann einrichten. Der Sohn aus armen Verhältnissen hatte es weit gebracht.
1853 in Bern geboren, verlor Hodler nicht nur früh Vater und Mutter, auch seine fünf Geschwister starben an Tuberkulose. Die künstlerischen Stationen des Malers lagen in Genf, später in Paris und in Madrid, wo er eifrig studierte und Vorbilder fand. Ab 1885 entwickelte er seinen eigenen „Parallelismus“, Tod, Sexualität, Schlaf waren seine Themen. Die Bekanntheit steigerte sich auch im Ausland, 1900 bekam Hodler bei der Pariser Weltausstellung eine Goldmedaille. Er wurde mit Aufträgen überhäuft, wurde Mitglied zahlreicher Künstlervereinigungen, arbeitete wie ein Berserker. „Wundervoll ist seine Naivität mit einer unglaublich starken Empfindung gepaart“, schrieb Kolo Moser. 1918 starb Ferdinand Hodler, im selben Jahr auch Gustav Klimt, Kolo Moser, Egon Schiele. Der Einfluss von Hodlers Kunst reicht bis Oskar Kokoschka, während ein anderer „Monumentalmaler“, nämlich Albin Egger-Lienz, den legendären „Hodler-Streit“vom Zaun brach. Die Ausstellung im Leopold Museum umfasst nicht nur alle Schaffensphasen Hodlers und zeigt Kolossales wie den „Wilhelm Tell“und Kleinformatiges wie Geldscheine, Porträts und Landschaften, sondern ist ergänzt mit „Wahlverwandtschaften von Klimt bis Schiele“, so der Untertitel.
Ausstellung: Ferdinand Hodler, Leopold Museum. Bis 22. Jänner 2018.