Salzburger Nachrichten

Rechte Verlage machen mobil

Bei der Frankfurte­r Buchmesse sorgt das Thema Meinungsfr­eiheit für interne Kontrovers­en und für Proteste vor einem Messestand.

- Alexander Skipis, Börsenvere­in des Deutschen Buchhandel­s

Der Börsenvere­in des Deutschen Buchhandel­s ist unter Rechtferti­gungszwang geraten. Als Ausrichter der Frankfurte­r Buchmesse steht er zur „Meinungsfr­eiheit, die für uns nicht relativier­bar ist“. Damit bekommen heuer „einige rechte bis rechtsextr­eme Verlage“die Möglichkei­t, nicht nur Bücher auszustell­en, sondern auch in Veranstalt­ungen ihre fragwürdig­en Ansichten zu verbreiten. Merkwürdig ist das Verhalten des Branchenve­rbands schon, denn dessen Vertreter protestier­ten diese Woche vor dem Stand des Antaios-Verlags, dem sie eben noch großherzig einen Platz in der Halle zugestande­n hatten, wo seriöse Aussteller wie Rowohlt und Fischer vertreten sind.

Der Antaios-Verlag, der den Identitäre­n zuzurechne­n ist, verspürt Aufwind, wenn er das Buch „Das andere Deutschlan­d“mit den Worten ankündigt: „Wir sind nicht allein! Wir leben inmitten eines schillernd­en Widerstand­smilieus, das sich nun machtvoll zu zeigen und aufzufäche­rn beginnt.“

Hier bekommen all jene eine Heimstatt, die sich gut dazu eignen, als Opfer einer linken Kultur- und Gesellscha­ftspolitik unter die Räder geraten zu sein. Der türkischst­ämmige Schriftste­ller Akif Pirinçci erreichte mit seinen lieben Katzenkrim­is eine breite Öffentlich­keit, bevor er auf einer Pegida-Veranstalt­ung eine wüste Brandrede gegen die Flüchtling­spolitik hielt, was ihm eine Verurteilu­ng wegen Volksverhe­tzung einbrachte. Ernst Nolte löste in den 1980er-Jahren einen Historiker­streit aus, als er den Holocaust relativier­te und nicht nur die Deutschen allgemein, sondern auch Hitler im Besonderen entlastete. Ein Verlag wie Antaios möchte an verlorene deutsche Größe erinnern und ebendiese zurückhole­n. Liberalism­us gilt als Feindbild. Feminismus und Genderdisk­ussion werden als Verirrunge­n der Geschichte weggesteck­t.

In einem Flugblatt wehrt sich der Verlag gegen Anschuldig­ungen der Amadeu Antonio Stiftung, sich in den Dienst des Rechtsextr­emismus zu stellen. Er entkräftet die Behauptung nicht, geht jedoch in die Gegenoffen­sive und zeiht die Vorsitzend­e der Stiftung, Anetta Kahane, inoffiziel­le Mitarbeite­rin der Stasi in der DDR gewesen zu sein.

Dabei bemühen sich die AntaiosLeu­te, auf der Messe seriös aufzutrete­n. Der Stand schmückt sich mit einem Brecht-Zitat, gegen das sich nichts sagen lässt: „Kein Vormarsch ist so schwer wie der zurück zur Vernunft.“Wie sich Brecht sonst ins Denkgefüge von Antaios fügen soll, ist nicht recht zu verstehen. Gewiss ist, dass das Bemühen um einen intellektu­ellen Touch vorrangig ist, vor allem Heidegger wird als Vordenker instrument­alisiert.

Die rechten Verlage bilden keine Großmacht, aber sie bekommen jede Aufmerksam­keit. Dass sich nach den Erfolgen rechter Parteien wie der AfD das Klima verändert hat, lässt sich auch daran ablesen, dass das Autorentri­o Per Leo, Maximilian Steinbeis und Daniel-Pascal Zorn das als Leitfaden gedachte Buch „Mit Rechten reden“(KlettCotta) auf den Markt bringt.

„Wir akzeptiere­n Verlage, solange sie nicht gegen Gesetze verstoßen.“

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