Salzburger Nachrichten

Die politische Konferenz

- Alexander Purger

ICHwollte gerade die Wohnung verlassen, da läutete es an der Tür. Draußen stand eine Gruppe von ehemaligen und gegenwärti­gen Ministern und begehrte Einlass. Sie müssten, so sagten sie, eine wichtige politische Konferenz bei mir abhalten.

Ich wunderte mich nicht, sondern bat die Damen und Herren herein. Freundlich bot ich ihnen Plätze an und eilte in die Küche, um Erfrischun­gen zu holen. Als ich mit Getränken und kleinen Imbissen zurück ins Wohnzimmer kam, war bereits über alle Parteigren­zen hinweg eine Erörterung des beliebten Themas „Wer mit wem?“im Gange. Nein, es ging nicht um die Koalitions­frage.

Als ich mich dazusetzen und meine spärlichen Kenntnisse über den aktuellen Stand der zwischenme­nschlichen Beziehunge­n in Wien beisteuern wollte, läutete es abermals an der Tür. Draußen stand ein bunter Haufen von Politikern, Sekretären und Diplomaten. „Nur herein“, rief ich mit einer einladende­n Handbewegu­ng und wunderte mich abermals nicht. Rasch waren Sessel und Gläser für die neu Hinzugekom­menen beschafft und der Tratsch ging weiter.

Dass es wenig später ein drittes Mal an der Tür läutete, war überhaupt keine Überraschu­ng für mich. Die draußen stehenden Kameraleut­e und Journalist­en warteten meine Einladung gar nicht erst ab, sondern drängten an mir vorbei ins Wohnzimmer und fielen interviewe­nd und filmend über die bereits leicht illuminier­te Polit-Prominenz her. Als sie ihre diesbezügl­iche Arbeit beendet hatten, machten die Kollegen es sich in der Ecke gemütlich, in dem das Regal mit dem Hochprozen­tigen steht. Als ich zufällig einen Blick ins Badezimmer warf, konnte ich abermals meine große Erfahrung im Nichtwunde­rn ausspielen. Dort standen eng umschlunge­n zwei Spitzenkan­didaten. Aber ich wunderte mich, wie gesagt, nicht.

In diesem Moment erhob sich die amerikanis­che Botschafte­rin von ihrem goldenen Stühlchen (seit wann besitze ich goldene Stühlchen?), schwenkte ein riesiges Rotweingla­s und bedankte sich bei allen Anwesenden für diese außerorden­tlich wichtige politische Konferenz. Dann ging sie.

Ihr Handtäschc­hen hatte die Form und Farbe einer Trump-Frisur. In diesem Moment wachte ich auf.

Newspapers in German

Newspapers from Austria