Acht Lehren aus diesem Wahlk(r)ampf
Zu lang, zu teuer, zu schmutzig. Eine konstruktive Wahlbewegung funktioniert anders.
Die Wähler kaufen die Katze im Sack
Noch ein Mal schlafen, dann ist Nationalratswahl 2017. Gott sei Dank. Aus dem längsten, schmutzigsten, nervigsten und teuersten Wahlkampf aller Zeiten sollten wir Lehren ziehen.
1. Ein Wahlkampf muss zeitlich begrenzt sein. Sechs Wochen wären genug. Wir hingegen haben fünf Monate Intensivwahlkampf hinter uns. Es ist alles mehrfach gesagt, auch von jedem. Die Argumente wiederholen sich. Nicht nur die Kandidaten, auch die Zuseher können die eingelernten Phrasen bereits auswendig aufsagen. Fazit: Was den Bürgern in eineinhalb Monaten nicht nähergebracht werden kann, das geht auch in fünf Monaten nicht. Wir hören eine Ausrede: „Es gibt Fristen, die eingehalten werden müssen.“Niemand hindert die Abgeordneten daran, diese überlangen Fristen zu verkürzen. Wir leben im digitalen und nicht im Postkutschenzeitalter.
2. Die Parteien bekommen in diesem Jahr 209 Millionen Euro Förderung. Das ist zu viel. Anders sind die fragwürdigen Investitionen in schmutzige Kampagnen im Internet und riesige Plakatwände nicht zu erklären. Insgesamt dürften bis Sonntag von den Parteien mehr als 30 Millionen Euro in die Materialschlacht geworfen worden sein. Das sind nur die offiziellen Zahlen. Hinzu kommen Aktivitäten, die aus Spenden und von befreundeten Vereinen finanziert werden.
3. Schmutzkübelkampagnen gehören unterbunden. Es braucht dazu keinen eigenen Paragrafen im Strafgesetz, da üble Nachrede und Verleumdung ja schon jetzt strafbar sind. Neu sollte auf jeden Fall eine Pflicht zur Veröffentlichung der Urheberschaft von Botschaften im Internet sein. Während sich alle klassischen Medien für ihre Inhalte auch verantworten müssen, gilt das nur ansatzweise oder gar nicht für das Internet und vor allem für gewisse soziale Medien. Anonymität macht es den verbalen Heckenschützen leicht, andere zu verunglimpfen. Das gehört abgeschafft.
4. Die Legislaturperiode gehört wieder von fünf auf vier Jahre gekürzt. Den Wählerinnen und Wählern muss das gestohlene Jahr an Mitwirkung zurückgegeben werden.
5. Die Bürger kaufen am Sonntag die Katze im Sack. Keine der großen Parteien lässt sich herauslocken, mit wem sie nach der Wahl eine Koalition bilden würde. Stattdessen werden die Wählerinnen und Wähler von SPÖ, ÖVP und FPÖ für dumm verkauft. Jeder warnt vor einer Koalition der jeweils anderen.
Wir können daher bei der Stimmabgabe nur raten, mit welcher Partei die von uns gewählte möglicherweise zusammenarbeiten würde. Wissen tun wir es nicht. Die Parteistrategen wenden ein, dass wir am Sonntag den Nationalrat und nicht die Regierung wählen. Das stimmt. Genau dieselben Parteistrategen erwecken jedoch seit fünf Monaten den Eindruck, als hätten wir es mit einer direkten Kanzlerwahl zu tun. Manche vergessen dabei sogar den Namen ihrer Partei. Wir möchten daher bereits vor der Abstimmung wissen, von wem sich der jeweilige Kandidat im Nationalrat zum Kanzler wählen lassen möchte und von wem auf keinen Fall.
6. Es ist gut, dass sich bei uns im Gegensatz zu Deutschland die Kandidaten der Öffentlichkeit stellen müssen. Man kann es aber übertreiben. Fast 50 Fernsehduelle sind zu viel. ORF, private Fernsehsender und die maßgeblichen Qualitätszeitungen in Wien und in den Bundesländern sollen sich zusammentun und gemeinsame Diskussionsformate entwickeln. In diesem Fall gilt ganz sicher: Weniger ist mehr.
7. Von der Ausrufung einer Neuwahl bis zu deren Durchführung (in Zukunft dauert das nur noch sechs Wochen) sollten im Nationalrat keine Wahlgeschenke mehr verteilt werden dürfen. Zum wiederholten Mal mussten wir erleben, dass die Parteien in letzter Minute durch Millionengeschenke ohne Gegenfinanzierung glänzen und punkten wollten.
8. Auch wir Wählerinnen und Wähler dürfen uns etwas vornehmen. Das Informationsangebot war diesmal besser als je zuvor. Doch statt sich in einzelne Programme zu vertiefen, konnten viele von uns nicht widerstehen und haben sich am Dreck und den Lügengeschichten ergötzt. Die Lehre, die wir daraus ziehen: Ohne unser besonderes Interesse am Schlamm gäbe es gar keine Schlacht.