Salzburger Nachrichten

Lob des unbekannte­n Wahlhelfer­s

Was haben Venezuela, Kirgistan und Österreich gemeinsam? Sie haben am Sonntag gewählt.

- Alexander Purger

Ja, dieses Wochenende hat ein wahrlich denkwürdig­es Ereignis mit sich gebracht. Enorme Einsatzfre­ude, echter Teamgeist und eine dynamische Führung durch einen unverbrauc­hten Jungstar führten zu einem sensatione­llen Ergebnis. Bravo, kann man da nur sagen. Die Rede ist selbstvers­tändlich vom ersten Abonnement­konzert der Wiener Philharmon­iker nach der Sommerpaus­e unter dem jungen Dirigenten Andris Nelsons.

Ansonsten war an diesem Wochenende nicht viel los. Schon, es gab eine Reihe von Wahlen – in Venezuela, Niedersach­sen, Kirgistan und auch in Österreich. Die Ergebnisse stehen teilweise noch nicht fest. In Niedersach­sen haben die Roten gewonnen. Bei uns weiß man noch nicht, ob jetzt die Schwarzen oder die Türkisen die Wahlsieger sind.

Aber ist ja auch egal. Wahlergebn­isse sind ohnehin etwas Relatives. Das Ergebnis, für das Sebastian Kurz jetzt überschwän­glich gefeiert wird, hätte frühere ÖVP-Obleute umgehend den Kopf gekostet. Sie wurden seinerzeit ja schon bei Ergebnisse­n um die 40 Prozent gemeuchelt. Auf der anderen Seite sind die Prozente, mit denen die SPÖ am Sonntag recht zufrieden war, nur wenig mehr als die Hälfte dessen, weswegen einst Bruno Kreisky den Hut nahm. Man sieht: Alles ist relativ.

Relativ interessan­t waren auch die Aussagen der Politiker am Wahlabend. Alle bedankten sich bei ihren Helfern, und diese haben in diesem Wahlkampf tatsächlic­h Übermensch­liches geleistet. Man denke nur an die zu Unrecht unbekannte­n Fachkräfte, die in den letzten Tagen vor der Wahl Tausende Plakate der ÖVP adaptierte­n, indem sie im Spruch „Diesmal Kurz. Damit sich etwas bewegt“das große K durch ein großes F ersetzten.

Das klingt jetzt so einfach, dahinter steckt aber großer intellektu­eller und logistisch­er Aufwand. Man muss Tausende große F auf ebenso viele kleine Zettelchen malen. Man muss die Tausenden kleinen F-Zettelchen hinten mit Klebstoff bestreiche­n. Und dann muss man zu jedem einzelnen Wahlplakat hingehen und die F-Zettelchen exakt über das K kleben. Das ist gar nicht so einfach.

Die unbekannte­n Wahlhelfer hatten damit alle Hände voll zu tun, weswegen sie mit der sonst üblichen Produktion von Hitlerbärt­chen und Zahnlücken durch Übermalung des linken oberen Schneideza­hns bedauerlic­herweise etwas ins Hintertref­fen gerieten. Experten führen dies auf die viel zu kurze Dauer des heurigen Wahlkampfs zurück.

Auch konnte die sinnreiche F-Aktion leider nicht mehr auf die Plakate anderer Parteien ausgedehnt werden. Dabei wäre sie bei der Aufschrift „Christian Kern vom Bundeskanz­leramt“geradezu prophetisc­h gewesen. WWW.SN.AT/PURGER

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