Sieben Auswege aus der Populismusfalle
Was lernen wir aus der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung? Es ist Zeit für den konstruktiven Dialog.
Viele Wege führen nach Rom
Extreme Populisten auf der rechten wie auf der linken Seite des politischen Spektrums verbindet eines: ihr Absolutheitsanspruch. Sie betrachten ihre Lehre als die einzig gültige. Alle anderen Überlegungen haben in dieser Gedankenwelt keinen Platz und werden als falsch, wenn nicht gar gefährlich angesehen.
Wir können Tendenzen hin zum extremen Populismus in den verschiedenen politischen Parteien beobachten. Der Weg zum Glück führt ausschließlich in die eine oder andere Richtung. Umwege, auch kleine Abzweigungen sind in dieser verengten Sicht der Gesellschaft nicht mehr vorgesehen.
Die Polarisierung der Gesellschaft wird durch die abnehmende Dialogfähigkeit der politischen Parteien vorgelebt. Alles, was von einem selbst kommt, ist gut. Alles, was von anderen kommt, ist schlecht. Wer nicht für mich ist, ist gegen mich.
Das Wesen der Demokratie, nämlich der offene Diskurs mit dem Ziel, ein für möglichst viele Menschen tragbares Ergebnis zu erreichen, gerät in den Hintergrund. Die Akzeptanz anderer Lebensentwürfe ist kein hohes Gut mehr. Die Toleranz geht den Bach runter.
Gut beobachten lässt sich das im digitalen Leben. Ausgeklügelte Algorithmen sorgen dafür, dass wir uns in den sozialen Medien nur noch unter Gleichgesinnten bewegen. Andere Meinungen tauchen auf der Timeline nicht mehr auf. Man fühlt sich wohl unter seinesgleichen und muss sich nicht mit fremden Gedanken herumschlagen.
Das führt zu einer Verengung der Weltsicht. Zur Vorstellung, dass sich das Leben tatsächlich in Schwarz und Weiß einteilen lässt. Menschen, die in einer solchen Umgebung abwägen, einerseits und andererseits sagen, haben es schwer. Sowohl-als-auch-Denker gelten als unentschlossen und entscheidungsschwach. Es regiert Entweder-oder.
In der Praxis führt diese Entwicklung zu einer Verarmung unserer demokratischen Lebensweise. Das hat handfeste Auswirkungen. Bewährte Bindungen werden gekappt, zu Vereinen, Familien, Kirchen, Marken, Medien, wenn einer nur einmal eine Haltung einnimmt, die mit der meinen nicht übereinstimmt. Wir sind auf dem besten Weg zum Meinungs-Fundamentalismus.
Wie kommen wir aus dieser Falle wieder heraus?
1. Anerkennen, dass viele Wege nach Rom führen. Die politischen Parteien müssen zurück zum fairen Wettbewerb der Ideen. Die besten Lösungen entstehen meistens dadurch, dass verschiedene Ansätze zu einem neuen zusammengefügt werden. Das erfordert von allen Beteiligten ein hohes Maß an Toleranz und Einsicht, dass man die Weisheit nicht gepachtet hat.
2. Bereitschaft zum Dialog. Vor allem im Wahlkampf haben die Spitzenkandidaten nicht miteinander gesprochen, sondern aneinander vorbeigeredet.
3. Leben und leben lassen. Wir müssen weg vom krampfhaften Festhalten an einer Doktrin. Auch andere haben gute Vorstellungen vom Leben.
4. Wir müssen uns von der Vorstellung trennen, einmal nachzugeben sei gleichbedeutend mit einem Gesichtsverlust. Dazu gehört auch Kritikfähigkeit. In der Politik ist sie abhandengekommen. Nur keinen Fehler zugeben. Immer recht behalten. So lang interpretieren, bis aus wahr falsch wird oder umgekehrt.
5. Die konstruktive Auseinandersetzung mit anderen Meinungen ist mühsam, sie ist aber das Wesen der Demokratie.
6. Kompromisse sind nicht von vornherein schlecht. Durch die falsche Interpretation der Sozialpartnerschaft hat das Ringen um gemeinsame Lösungen den Beigeschmack der Packelei bekommen. Das liegt vor allem daran, dass diese Gespräche noch immer hinter verschlossenen Türen, also nicht transparent geführt werden.
7. Den Blick für das Wesentliche nicht verlieren. Unsere Sorgen sind wichtig. Aber wir müssen sie wieder richtig einordnen. Dazu ist es manchmal gut, wenn wir uns auf der Welt umsehen und unseren Blick dorthin richten, wogegen unsere Probleme verblassen.
Wir alle tappen immer wieder in die Populismusfalle. Es ist Zeit, sie zu deaktivieren.