Die neuen, mächtigen Neos
Die zehn Mandatare der Pinken reichen aus, um einer Regierung die Verfassungsmehrheit für wichtige Reformen zu sichern. Das hat ihre Stellung im Parlament deutlich aufgewertet.
WIEN. Die Neos strotzen vor Selbstbewusstsein. Die Partei, die bei der vergangenen Nationalratswahl von fünf auf 5,3 Prozent der Stimmen zulegen konnte, wird im kommenden Nationalrat eine deutlich wichtigere Rolle spielen als im bisherigen. Ihre zehn Mandate reichen jedenfalls aus, um einer ÖVP-FPÖRegierung die Verfassungsmehrheit zu sichern.
Um die Grundregeln des staatlichen Zusammenlebens zu ändern, die in der Verfassung festgelegt sind, ist eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig. Dazu braucht man 122 der 183 Mandate. Nach dem Ergebnis der Nationalratswahl gibt es dafür nur wenige Möglichkeiten. Ohne die ÖVP ist eine solche Mehrheit überhaupt nicht machbar, weil diese über mehr als ein Drittel der Mandate (62) im Parlament verfügt. Denkbar ist eine Zusammenarbeit der drei großen Parteien (SPÖ, ÖVP, FPÖ) oder eine Koalition der ÖVP mit SPÖ oder FPÖ plus den Neos.
Damit werden die Neos für jede Regierung zu einem wichtigen Partner, wenn sie größere Reformen umsetzen will. Die Neos stellen sich darauf ein, diese Rolle auch zu übernehmen. Vizeklubobmann Niki Scherak: „Wir sind bereit, bei wichtigen Reformvorhaben diese Mehrheit zu sichern.“Schnittmengen gibt es, etwa bei einer ÖVP-FPÖ-Koalition, zahlreiche: Etwa die Einführung einer Schuldenbremse in der Verfassung, die ein nachhaltiges Gesunden der Staatsfinanzen ermöglichen soll. Oder bei Fragen der direkten Demokratie, die sowohl ÖVP, FPÖ als auch Neos vorantreiben wollen. Oder der Reform des Bundesstaats. Oder im Bildungsbereich. „Allerdings geht es dann schon auch darum, wie die Reformen im Detail aussehen und ob unsere Vorstellungen berücksichtigt sind“, sagt Scherak.
Und er weist noch darauf hin, dass die zehn Mandate der Neos auch sonst eine wichtige Rolle im Parlament spielen werden: „Für die Möglichkeit, ein Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen, ist ein Beschluss von einem Drittel der Abgeordneten notwendig“, sagt Scherak. Eine solche Prüfung könnten die Neos dann schon gemeinsam mit den Sozialdemokraten beschließen.
In der vergangenen Legislaturperiode waren die Neos, was ihre Beteiligung an Verfassungsgesetzen betrifft, in keiner so guten Position. Die Grünen, die damals mit 24 Mandaten im Nationalrat vertreten waren, waren ebenfalls ein Ansprechpartner für die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP.
Dass die Neos im neuen Parlament deutlich mächtiger geworden sind, zeigt sich auch aus einer Wortmeldung von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Dieser hatte, nachdem er am Freitag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit der Bildung einer Regierung beauftragt worden war, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er mit den kleinen Fraktionen die Zusammenarbeit im Parlament ausloten wolle. Die Neos könnten dabei die notwendige Zweidrittelmehrheit bei Verfassungsmaterien herstellen, sagte Sebastian Kurz.
„Sind bei Reformen dabei.“Niki Scherak, Neos