EU stellt sich hinter Madrid
Im Katalonien-Konflikt machen Spitzenvertreter der Europäischen Union neuerlich klar, dass es eine Lösung nur im Rahmen der spanischen Verfassung geben könne.
Europäische Rückendeckung für Spaniens Premier Mariano Rajoy in der Katalonien-Krise: Die höchsten EU-Repräsentanten lassen keinen Zweifel daran, dass sie im Konflikt zwischen Madrid und der abtrünnigen Region Katalonien hinter der spanischen Regierung stehen. Dies sollte am Freitagabend mit einem „Minigipfel“in der spanischen Stadt Oviedo demonstriert werden, an dem EU-Kommissionschef JeanClaude Juncker, EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani, der Ratsvorsitzende Donald Tusk, Spaniens königlicher Staatschef Felipe und Mariano Rajoy teilnehmen wollten.
Hintergrund ist die Vergabe des renommierten spanischen Prinzvon-Asturien-Preises, der in diesem Jahr in der Kategorie Völkerverständigung an die EU geht. Die Preisverleihung steht ganz im Zeichen des einseitigen und daher illegalen Abspaltungsplans der katalanischen Regierung. Beobachter erwarteten, dass die drei EU-Repräsentanten die europäische Position bekräftigen würden, wonach eine unilaterale Unabhängigkeitserklärung nicht anerkannt werden wird. EU-Parlamentspräsident Tajani hatte bereits am Vortag in einem Gespräch mit dem spanischen Radiosender Cope klargestellt: „Niemand in Europa wird die Unabhängigkeit Kataloniens akzeptieren.“Eine Lösung sei nur „innerhalb des spanischen Rechts und der spanischen Verfassung möglich“. Ähnlich hatten sich zuletzt Juncker und Tusk geäußert.
Spaniens Grundgesetz erlaubt derzeit keine Abspaltung. Die Verfassung könnte aber geändert werden, wenn es eine entsprechende politische Mehrheit gibt. Wohl wäre im bisherigen Rechtsrahmen eine größere Autonomie Kataloniens möglich. König Felipe hatte schon Anfang Oktober in einer aufsehenerregenden Erklärung an die Nation die katalanische Separatistenregierung in Barcelona beschuldigt, eine Rebellion gegen Spanien anzuführen, „um auf illegale Weise die Unabhängigkeit zu erklären“. Die Regionalregierung verstoße systematisch gegen die Rechtsnormen und gegen demokratische Prinzipien.
Die spanische Regierung hat im Streit mit Barcelona inzwischen den Paragraphen 155 der Verfassung aktiviert, der es ermöglicht, dass Madrid vorübergehend einige oder sogar alle Kompetenzen der ungehorsamen Regionalregierung übernimmt. Auch die Absetzung von Regierungsmitgliedern oder die Parlamentsauflösung sind möglich. Heute, Samstag, will Rajoys Kabinett auf einer Sondersitzung konkret beschließen, wo und wie in Katalonien eingegriffen wird. Diese außerordentlichen Maßnahmen müssen dann noch vom Senat, dem Oberhaus, gebilligt werden, wo Rajoys konservative Volkspartei zusammen mit den Sozialisten 80 Prozent der Mandate hält. Der Senat muss aber vor der endgültigen Beschlussfassung, die für kommenden Freitag vorgesehen ist, dem katalanischen Premier die Möglichkeit zur Stellungnahme geben. Wenn Ende Oktober die Entmachtung der abtrünnigen Regierung in Katalonien anläuft, muss mit heftigen Protesten, Streiks, Demonstrationen in der Region gerechnet werden. Dies kündigte die Unabhängigkeitsbewegung an, die mit „permanenten Mobilisierungen“drohte.
Am Freitag hatte die Bewegung ihre Anhänger aufgerufen, zwischen 8 und 9 Uhr landesweit Bankautomaten zu belagern und Geld abzuheben – aus Protest gegen den Umzug der katalanischen Geldinstitute, von denen alle bis auf eines ihren Sitz in andere spanische Regionen verlegt haben. Es gab zwar vor einigen der insgesamt 6000 Automaten in der Region kleinere Schlangen. Aber der angestrebte Kollaps des Systems blieb aus.
„Niemand in Europa wird die Unabhängigkeit Kataloniens anerkennen.“Antonio Tajani, EU-Parlamentschef