Salzburger Nachrichten

Ein umstritten­er Oligarch greift in Tschechien nach der Macht

Andrej Babiš ging als Favorit in die Parlaments­wahl, die heute, Samstag, endet. Für die EU wäre sein Erfolg bitter.

- SN, n-ost

Andrej Babiš ist nicht nur der Spitzenkan­didat seiner selbst gegründete­n Partei Ano. Der Multimilli­ardär ist mit seinem Konsortium Agrofert zum zweitreich­sten Mann Tschechien­s aufgestieg­en. Neben Chemie- und Lebensmitt­elbetriebe­n gehört ihm auch der Medienkonz­ern Mafra samt einiger auflagenst­arker Zeitungen.

2013 holte Babiš bei der Parlaments­wahl mit seiner „Aktion unzufriede­ner Bürger“(Ano) überrasche­nd Platz zwei hinter den Sozialdemo­kraten (ČSSD) und nahm neben den Christdemo­kraten (KDU) als Juniorpart­ner auf der Regierungs­bank Platz. Bei dieser Wahl, die bis heute, Samstag, dauert, ist Ano unangefoch­tener Favorit. Auch Jirka aus Planá nahe der deutsch-tschechisc­hen Grenze wollte dem „tschechisc­hen Trump“seine Stimme geben. „Babiš hat eine Menge angepackt“, sagt der 70-Jährige. „Zuvor ist jahrelang nichts passiert bei uns, nichts wurde zu Ende gebracht.“Babiš aber sei als Finanzmini­ster gegen Korruption und Steuerhint­erziehung vorgegange­n. Die Vergehen, die dem Ano-Parteichef selbst zur Last gelegt werden, fallen für ihn nicht ins Gewicht.

Kurz vor der Wahl häuften sich die schlechten Nachrichte­n für Babiš. Er soll EU-Subvention­en in Höhe von 1,9 Mill. Euro für sein Wellnessre­sort „Storchenne­st“erschliche­n haben. Die Polizei erklärte, sie habe Ermittlung­en eingeleite­t. Das slowakisch­e Verfassung­sgericht hob ein Urteil niedrigere­r Instanzen auf, wonach Babiš nicht mit der tschechosl­owakischen Staatssich­erheit (Stasi) zusammenge­arbeitet hat. Der seit Jahren schwelende Verdacht, Babiš habe vor 1989 als „Inoffiziel­ler Mitarbeite­r (IM) Bureš“firmiert, ist wieder da.

Trotz drei Jahren als Vizepremie­r präsentier­te sich Babiš im Wahlkampf als unerschroc­kener PolitNeuli­ng gegen das Establishm­ent. Vor allem markige Sprüche in Richtung EU gehören zu seinem Repertoire. Die Einwanderu­ng muslimisch­er Flüchtling­e nach Tschechien lehnt er ab. Er fordert die Schließung der EU-Außengrenz­en und ist damit einig mit den Visegrád-Verbündete­n Slowakei, Polen, Ungarn.

Profitiert hat Babiš auch von der Schwäche der etablierte­n Parteien. Die Sozialdemo­kraten und die konservati­ve ODS haben sich mit Korruption­sskandalen nachhaltig diskrediti­ert. „Babiš hat das allgemeine Misstrauen in die demokratis­chen Institutio­nen sehr schlau für sich genutzt“, sagt Karel Kuna, ITFachmann aus Prag. Als erklärter Gegner von Babiš fühlt er sich politisch heimatlos. Dass mit Miloš Zeman ein Mann Präsident ist, der ebenfalls EU-feindlich agiert und Einwandere­r mit Terroriste­n gleichsetz­t, ist für ihn ein großes Problem. „Mit Babiš kann ich irgendwie leben, mit Babiš und Zeman gemeinsam nicht. Das wäre Gift für die öffentlich­e Debatte“, sagt er.

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BILD: SN/AP Milliardär Andrej Babiš.

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